Inland
Pröll droht Stadler mit Kompetenz-Entzug in Niederösterreich
Landeshauptmann wirft dem freiheitlichen Volksanwalt "parteipolitischen Missbrauch" vor
St. Pölten - Landeshauptmann Erwin Pröll (V) droht
Volksanwalt Ewald Stadler (F) offen mit Kompetenz-Entzug. "Wir können
die Agenden des Volksanwaltes wieder an das Land NÖ ziehen. Im
Interesse einer objektiven Arbeit für unsere Landesbürger müssen wir
diesen Schritt absolut ins Auge fassen", sagte Pröll im Gespräch mit
den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN).
Das sei rechtlich möglich. Notwendig wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit
im Landtag um die Landesverfassung zu ändern. Es habe sich in den vergangenen Wochen gezeigt, dass Stadler die
Funktion des Volksanwaltes offensichtlich parteipolitisch
missbrauche, sagte Pröll und sprach von einer Entwicklung, die nicht
gut tue. Er erinnerte daran, dass das Bundesland 1980 sämtliche
Verfahren und Verwaltungsbereiche der Bundesvolksanwaltschaft
übertragen habe. Allerdings stehe nirgends geschrieben, dass dies
auch weiterhin so sein müsse, betonte der Landeshauptmann.
Sogar bei Bundespräsidenten bestehe die Möglichkeit der Absetzung,
nur bei Volksanwälten nicht, so Pröll. Er wolle daher beim Bund
"vehement" dafür eintreten, entsprechende Kontrollmechanismen zu
überlegen und in der Bundesverfassung derartige Schritte zu setzen.
Außerdem werde er sich die Tätigkeit Stadlers genau ansehen und, wenn
nötig, die Kompetenzen einer landeseigenen Volksanwaltschaft
übertragen. Landeseigene Volksanwälte gibt es bisher nur in
Vorarlberg und in Tirol, diese beiden Bundesländer haben als einzige
durch ihre Landesverfassungen die Volksanwaltschaft nicht dazu
berufen, die Verwaltung des Landes zu kontrollieren.
Eine mögliche Belastung der Regierungskoalition auf Bundesebene
durch eine Entmachtung Stadlers ist für Pröll zweitrangig.
In erster Linie zähle die "Koalition mit dem Bürger", der ein Recht
auf objektive Beratung habe. "Es ist mittlerweile eine Reihe von
besorgten Bürgern an mich herangetreten, die mich gebeten haben,
Volksanwalt gegenüber dem Volksanwalt zu sein."
Es sei eigenartig, dass immer wieder ein und die selben in den
Geruch kommen, in ihren Ansichten zu weit rechts abzudriften,
kritisierte Pröll. Als "problematisch" bezeichnete er, "dass sich
gerade bei der FP-NÖ derartige Vorkommnisse häufen".
Stadler ist neben seiner Tätigkeit als Volksanwalt auch
stellvertretender Landesobmann der NÖ Freiheitlichen, Spitzenkandidat
im Bezirk Krems für die Landtagswahl und wird als mögliche
Landes-"Nummer eins" der FP-NÖ gehandelt. Die Wahl in
Niederösterreich findet im März 2003 statt.
Stadler war ins Schussfeld der Kritik geraten, weil er die
NS-Diktatur mit der Zeit der Besatzung nach 1945 verglichen hatte.
Die beiden anderen Volksanwälte Peter Kostelka (S) und Rosemarie
Bauer (V) hatten Stadler in einer gemeinsamen Erklärung Stadler eine
"Schädigung der Institution der Volksanwaltschaft" vorgeworfen und
kritisiert, dass er seine Funktionen in der FPÖ nicht zurückgelegt
hat.(APA)