Wien/Klagenfurt - Paukenschlag für den umstrittenen Ausbau der Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat die Bewilligung für den Bau eines 13 Kilometer langen Teilstücks zwischen Althofen an der Drau und Klagenfurt (beide Kärnten) aufgehoben.Die Begründung der Höchstrichter ist pikant, verweisen sie doch darauf, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt und damit möglicherweise gegen EU-Recht verstoßen wurde. Konkret am Pranger steht die Oberste Eisenbahnbehörde im Infrastrukturministerium von Mathias Reichhold, diese habe im Baubescheid nicht geklärt, ob es sich um den Ausbau der Bahnstrecke handle oder um den Neubau einer Fernverkehrsverbindung. Im letzteren Fall wäre eine UVP zwingend vorgeschrieben. Mit der Aufhebung des Bescheides durch den VwGH wurde ein Prestigeprojekt Reichholds und seiner Vorgängerin Monika Forstinger vorläufig gestoppt. Wie lang der Baustopp dauert, hängt von der Geschwindigkeit ab, mit der Reichholds Behörde arbeitet, schließlich muss diese einen neuen Bescheid ausstellen. Reichhold erwartet diesen binnen eines halben Jahres. Die mit Bahnausbauten befasste HL-AG kann jedenfalls vorläufig keine Bauaufträge für die Hauptbauarbeiten ausschreiben. "Das Gesamtprojekt Koralmbahn inklusive Koralmtunnel ist dadurch nicht bedroht", betonte eine Sprecherin der HL-AG. Denn bei dem gestoppten rund 160 Millionen Euro schweren Projekt handelte es sich um die erste Stufe des zweigleisigen Ausbaus von Klagenfurt nach Althofen, im Prinzip also durchwegs um Vorarbeiten wie Rampenschüttungen für den künftigen zweigleisigen Hochleistungsbetrieb. Die Hauptarbeiten hätten noch gar nicht begonnen, hier würden die UVP durchgeführt. Verkehrsminister Mathias Reichhold bezeichnete das Urteil als "fragwürdige Aktion" und "juristische Spitzfindigkeit". Das Höchstgericht entscheide damit "gegen Kärnten", sagte Reichhold. Der Kärntner Verkehrsreferent Gerhard Dörfler assistierte und kritisierte die Entscheidung als "unverständlich, Kärnten- und wirtschaftsfeindlich und gegen den Ausbau der Bahn gerichtet". Prüfen oder nicht Auslöser für das Urteil war die Klage eines Grundeigentümers, wonach das Verkehrsministerium zu Unrecht für den betroffenen Abschnitt keine UVP durchgeführt habe. Das Höchstgericht verlangt vom Verkehrsministerium nun eine Prüfung, ob eine solche erforderlich gewesen wäre. Für Reichhold ist die Argumentation der Höchstrichter "völlig unüblich": Bisher habe der VwGH Bescheide nie auf EU-Rechtsgültigkeit, sondern ausschließlich nach österreichischem Recht geprüft. Die österreichischen Gesetze habe das Ministerium "zur Gänze eingehalten". Die Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt ist ein zentrales Projekt des Generalverkehrsplans (GVP). Die Kosten für den Ausbau der rund 130 Kilometer langen Strecke samt Tunnel betragen rund 2,3 Mrd. Euro. Laut HL-AG werden die Gesamtkosten bei 2,5 bis 2,9 Mrd. Euro liegen. Die gesamte Strecke sollte bis 2015 fertig werden. (ung, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 30.07.2002)