Wien - Hans Herbert Grüner möchte niemandem das Leben schwer machen; ganz allgemein. Schon gar, so der Landesinnungsmeister der Wiener Bauinnung, habe er aber die Absicht, Leuten, die "sehr gut ohne wiehernden Amtsschimmel" ihren Job erfüllen, Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Obwohl er fürchtet, es eigentlich tun zu müssen."Aber wenn ich einen Totengräber auffordere, bei der Bau-Innung eine Fachprüfung über statische Grundkenntnisse abzulegen, wird er mich fragen, ob ich vielleicht noch andere Probleme habe." Grüner könnte es dem guten Mann - mit Frauen die hauptberuflich Gräber ausheben hatte er noch nie zu tun - nicht verdenken. Tatsache, so der Innungschef, sei aber - das habe auch er erst kürzlich erfahren - dass Totengräber seiner Zunft zuzuordnen seien. Im Zuge von Umstrukturierungen, so Grüner, fände sich Friedhofspersonal, das bisher "dem Amt" - also der Gemeinde - zugeschrieben wurde, plötzlich in einer "ausgegliederten Selbstständigkeit" wieder. Und die klopften dann an seine Tür. Schließlich handle es sich bei Totengräbern formal nämlich um "Erdbauer", die - so wie Teichgräber oder Kaminschleifer - zur Bauinnung gehören. Und jeder Erdbauer, der ein Loch gräbt, das tiefer als 1,25 Meter reicht, muss bei der Innung eine Prüfung über statisches Grundwissen ablegen. "Das macht an und für sich Sinn", will Grüner keineswegs der Aufweichung von Schutzbestimmungen das Wort reden, "aber ich bin sicher, dass jeder Totengräber weiß, wie ein Grab zu graben und zu pölzen ist." Ihm sei jedenfalls kein Fall bekannt, in dem ein Totengräber - im übertragenen wie wortwörtlichen Sinn - im Dienst versehentlich das eigene Grab ausgehoben hätte. Dies, bestätigt Erhard Rauch, dem nicht als Totengräberquäler auftreten wollenden Meister der Bauinnung, träfe auch zu. Als Chef der MA 43 (Städtische Friedhöfe) kann Rauch Grüner aber beruhigen: "Die Gewerbebehörde hat das geprüft: Die Bestattung darf beerdigen - und auch die Friedhofsmeister brauchen keine Statik-Prüfung abzulegen." Friedhofsmeister, erklärt Rauch, wären jene - zumeist - Gärtner, die auf 37 der 46 städtischen Friedhöfe als Vertragspartner der Stadt den Friedhof pflegen. Neun große Friedhöfe verwaltet die Stadt mit eigenem Personal. Zusätzlich gibt es noch sieben konfessionelle Friedhöfe. Gegraben und gepölzt werde überall nicht nur nach allen Regeln der Kunst, sondern vor allem der Sicherheit. Schließlich sei das "Normgrab" 2,70 Meter tief. Eine Anmerkung hätte der oberste Friedhofsbeamte dann noch: Man möge doch jene rund 150 Menschen, die in Wien Gräber ausheben - bitte - nicht "Totengräber" nennen. Schließlich habe sich auch intern längst ein anderer Terminus durchgesetzt: "Gräbergraber." (Thomas Rottenberg/DER STANDARD, Printausgabe 01.08.2002)