Wirtschaftspolitik
EZB: Keine Zinssenkung
Unsicherheit über Konjunkturstärke steigt - "Inflationsdruck aber sinkt"
Frankfurt - Die Europäische Zentralbank stellt in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht August keine Zinssenkung in Aussicht. Für die kommenden Monate erwartet das
Institut Inflationsraten von 2 Prozent. Der Inflationsdruck durch den höheren Wechselkurs des Euro sei zwar geringer geworden. Andere Faktoren wie die
Geldmengenentwicklung, die Lohnentwicklung und der Anstieg der
Dienstleistungspreise, deuteten nicht auf eine Abschwächung des
längerfristigen Preisdrucks hin. Die EZB hält daher an ihrer abwartenden geldpolitischen Haltung
fest und ändert den Schlüsselzins von 3,25 Prozent nicht. Es herrsche
eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Stärke des derzeitigen
Konjunkturaufschwungs, heißt es weiter im Bericht. Inflationsgefahr
Die Inflationsgefahren in der Euro-Zone
haben nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) inzwischen
abgenommen, gleichzeitig ist die Unsicherheit über die Stärke des
Aufschwungs gewachsen. Wie von Volkswirten wegen der starken Zweifel
an der Konjunkturerholung in der Euro-Zone erwartet, signalisiert die
Notenbank in ihrem am Donnerstag vorgelegten Monatsbericht August
damit ein Festhalten an ihrer abwartenden geldpolitischen Haltung.
"Der EZB-Rat kam zu dem Ergebnis, dass von den jüngsten
Entwicklungen zwar weiterhin gemischte Signale ausgehen, die Risiken
für die Preisstabilität jedoch wieder ausgewogener sind", begründete
die EZB ihre Entscheidung von vergangener Woche, den Schlüsselzins
von 3,25 Prozent abermals nicht zu ändern. Der Euro-Anstieg dürfte
zwar auf lange Sicht zu geringerem Inflationsdruck beitragen, hieß es
nun. Langfristig bestehe der Preisdruck von Geldmenge,
Lohnentwicklung und höheren Dienstleistungspreisen aber fort. Für die
kommenden Monate erwartet die EZB Inflationsraten um ihre
Toleranzgrenze von zwei Prozent.
"Allmähliche Erholung"
Die EZB bleibt im Monatsbericht dabei, dass sich die Konjunktur
allmählich erholt: "Für die nähere Zukunft ist eine anhaltende
Erholung weiterhin sehr wahrscheinlich." Zugleich wird im Vorwort
nicht wie in den vorangegangenen Monatsberichten die Vorhersage
bekräftigt, das Wachstum in der Euro-Zone könne bis zum Jahresende
das Potenzialwachstum erreichen. Wegen der Ungleichgewichte in
anderen Teilen der Weltwirtschaft und der jüngsten Entwicklung an den
Finanzmärkten herrsche "erhebliche Unsicherheit bezüglich der Stärke
des derzeitigen Konjunkturaufschwungs."
Volkswirte hatten den EZB-Monatsbericht mit Spannung erwartet,
weil es nach dem Zinsbeschluss in der vergangenen Woche keine
Pressekonferenz gegeben hatte. Da sich die Aussichten für einen
Aufschwung in der Eurozone in den vergangenen Wochen wegen der
schwächeren US-Konjunktur und der anhaltenden Talfahrt der
Aktienmärkte verdüstert hatte, vermuteten Analysten, dass die EZB
ihre Inflationswarnungen abmildern und die Konjunktur vorsichtiger
einschätzen würde.
Geldpolitische Straffung
Noch vor einem Monat hatten die meisten Experten eine Zinserhöhung
der EZB noch in diesem Jahr erwartet. Viele Volkswirte rechnen jetzt
erst im nächsten Jahr mit einer geldpolitischen Straffung, einige
halten eine Zinssenkung für möglich, wenn die Börsenschwäche nicht
bald endet und die Konjunktur einbrechen sollte. Auch an den
Rentenmärkten hat die Erwartung auf Zinssenkung gedreht, seit sich
die Spekulationen über eine Zinssenkung in den USA verstärkten. (APA/Reuters)