Geschlechterpolitik
"Der Wandel der Zeit zeigt, dass sie nicht umsonst gestorben ist"
Südafrikas Staatspräsident würdigte die "Hottentotten-Venus" zu ihrem feierlichen Begräbnis
Johannesburg - Mit einem feierlichem Begräbnis für die
"Hottentotten-Venus" schloß Südafrika am Freitag ein dunkles
Kapitel rassistischer, sexistischer und kolonialer Diskriminierung.
Die Zeremonie, an der auch
Staatspräsident Thabo Mbeki und mehrere Ministern teilnahmen, wurde
im südafrikanischen Fernsehen live übertragen. Mehr als 5.000 Menschen kamen in Baartmans Geburtsort Hankey, um
der Frau vom Volkstamm der Khoisan, die früher als Hottentotten
bezeichnet wurden, die letzte Ehre zu erweisen. Piet Booysen,
Häuptling der Khoisan, eröffnete die traditionelle Zeremonie. Der Nach-Apartheid-Staat Südafrika schenkte der Geschmähten eine Beerdigung, die einem Staatsbegräbnis in nichts nachsteht.
Erst im April stimmte Frankreich nach siebenjährigen Verhandlungen
der Überführung nach Südafrika zu. Staatspräsident Mbeki verurteilte
die "barbarische Brutalität" mit der Baartman ihrer afrikanischen
Identität beraubt wurde. "Der Wandel der Zeiten zeigt uns, dass sie
nicht umsonst starb", sagte Mbeki weiter.
Hintergrund
Die Südafrikanerin Sarah Bartmann hatte einst in Europa durch ihr
ausladendes Hinterteil, ihre große Schamlippen und Brustwarzen als
eine Art monströse Zirkusattraktion zweifelhafte Berühmtheit erlangt.
In Varietes zwischen Paris und London war sie immer wieder Anlass zu
Witzen, Zoten und derben Späßen. Ihre sterblichen Überreste sollen
nun nach fast 200 Jahren im französischen Exil eine letzte Ruhestätte
in ihrer Heimat finden.
Begafft, verlacht, verspottet, vorgeführt und entwürdigt war
Saartjie - wie sie verniedlichend genannt wurde - auch Opfer pseudo-
wissenschaftlichen Rassismus'. Denn selbst nach ihrem Tod im Alter
von nur 27 Jahren musste ihr Körper noch für die damals
wissenschaftlich umstrittene Frage herhalten, ob AfrikanerInnen wirklich
Menschen seien. An diesem Freitag endet das Schicksal der "schwarzen
Venus". Das feierliche Begräbnis in Gegenwart von Präsident Thabo
Mbeki sowie Spitzen aus Politik, Kultur und Gesellschaft sollte am
nationalen Frauen-Tag ihre Würde wieder herstellen.
Erst im Mai waren ihre sterblichen Überrest am Kap eingetroffen.
Frankreich hatte zur symbolischen Behebung der Diskriminierung eigens
ein entsprechendes Gesetz erlassen. Sechs Jahre hatte Südafrikas
Regierung zuvor die Rückführung der 1789 geborenen Frau aus der Khoi Ethnie gefordert, die 1810 nach Europa gebracht und als
exotisches Wunder bestaunt wurde. Ihre Überreste waren bis 1974 im
Saal für vergleichende Anatomie des Naturkunde-Museums in Paris neben
Missgebildeten ausgestellt.
Am Geburtsort begraben
Nach kurzem Tauziehen zwischen Kapstadt -
wo sie ihre Heimat verließ - und der Ostkap-Provinz - wo ihr
Geburtsort vermutet wird - wurde sie nun dort begraben, wo ihr kurzes
Leben begann: in Hankey am Gamtoos-Fluss, 70 Kilometer westlich von
Port Elisabeth. "Wir können nicht genau sagen, ob sie hier geboren
wurde, obwohl es weitgehende Übereinstimmung gibt. Aber alle
beteiligten Parteien stimmen überein, dass es der beste Platz ist, um
Bartmann zur Ruhe zu betten", meinte Südafrikas stellvertretende
Kulturministerin Brigitte Mabandla. Die Feier sollte nicht dem
Blick zurück im Zorn, sondern dem versöhnlichen Ausblick in die
Zukunft gelten. "Es ist ein besonders positives Ereignis für alle
SüdafrikanerInnen das zeigt, dass wir letztlich die Vergangenheit
auswischen und - gestützt auf die Menschenrechte - hoch erhobenen
Hauptes die nationale Straße entlangschreiten." (APA/dpa)