"Kreditkarten sind schlecht", steht auf Karyns Webseite. Die junge New Yorkerin ist so um die zwanzig, hat einen kleinen Job bei einem Fernsehstudio und sie hat ein ziemlich teures Hobby: Designermode von Bloomingdales. Mittlerweile steht sie mit rund 20.000 Dollar Kreditkartenschulden in der Kreide. Aber warum sich den Kopf zerbrechen, wenn Hunderte völlig unbekannte Menschen bereit sind, ihr hart verdientes Geld einem guten Zweck zu widmen?Keine Nacktfotos oder Verabredungen Der gute Zweck ist Karyn selbst. Spenden nimmt sie über ihre private Homepage entgegen. Unter www.savekaryn.com kann jeder seinen kleinen Obulus zur Rettung von Karyn leisten. Wer auch immer einen Dollar oder zwei übrig hat, ist willkommen. Und was gibt es als Gegenleistung? "Ehrlich gesagt, für dich springt gar nichts dabei raus", erfährt der Besucher der Seiten. Sie werde nicht für Nacktfotos posieren oder sich für Geld verabreden, betont Karyn. 200.000 Besucher Und der Trick funktioniert. 200.000 Mal haben sich Menschen bisher ihre Seiten angeschaut, seit Karyn Ende Juni online ging. Zunächst lief die Sache etwas schleppend an. In der ersten Woche bekam sie gerade mal fünf Dollar. In der zweiten Woche waren es immerhin schon 157 Dollar. Inzwischen ist sie diesem Ziel auch schon fast 3000 Dollar näher gekommen. In fast allen US-Bundesstaaten greifen die Leute ins Portemonnaie, um der New Yorkerin zu helfen. Selbst aus Ländern wie Norwegen oder Großbritannien kommen die Spender. "Ich war einfach nur bei Bloomingdales einkaufen" Eigentlich klingt die Idee völlig verrückt. Warum sollte eine kerngesunde, gut ausgebildete, junge Frau mit guten Berufschancen im Internet um Kleingeld betteln? Aber Karyn gibt ihre Schwäche für Designermode zu. "Ich will ehrlich sein, ich wollte ja nicht die Welt retten. Ich war einfach nur bei Bloomingdales einkaufen." Wahrscheinlich ist ihre entwaffnende Offenheit der Grund für den Erfolg der Seite. "Ich bin nicht faul" Am Telefon wehrt sie sich gegen den Vorwurf, sie wolle abkassieren. "Ich bin nicht faul. Das bin ich nie gewesen." Für ihre kleine Stelle als freie Mitarbeiterin im Fernsehstudio müsse sie für wenig Geld oft lange arbeiten. Eine Menge Arbeit steckt auch in ihrer Webseite. "Ich sage nicht nur einfach: 'Hey, gib mir das Geld.' Das sind doch viele, viele Seiten mit kleinen witzigen Details. Und ich bekomme auch eine Menge Zuschriften." Nicht alle E-Mails freundlich Die Besucher der Seiten schicken ihr E-Mails: "Ich war auf deiner Webseite, und wenn ich fünf Minuten darüber lachen musste, ist mir das schon ein paar Dollar wert." Doch nicht alle E-Mails sind so freundlich. Von den mehr als 2.000, die Karyn bisher bekommen hat, war die Hälfte von der eher unschönen Art. Darunter gibt es Nachrichten wie diese: "Ich kann dich in 72 Stunden finden. Was glaubst du, wie es ist, wenn du in die Mündung meiner Kanone blickst?" Nachahmer schon im Netz Es gibt inzwischen aber auch ein paar Nachahmer, die Karyns Webseite ironisch aufs Korn nehmen. Unter www.dontsavekaryn.com bitten Bob und Ben um Spenden. "Auch wir sind Internet-Bettler. Bitte helft uns, damit wir Euer hart verdientes Geld verbraten. Das Geld geht bestimmt nicht an die Obdachlosen oder die Hungernden in Afrika." Auch Bob und Ben würden das Geld der Besucher ihrer Seiten gerne für Designer-Schuhe italienischer Nobelmarken oder eine Stripperin ausgeben, wie sie auf ihrer völlig identisch aufgemachten Webseite verraten. Netzsurfer, die sich nicht abschrecken lassen und ihr Geld lieber zur Rettung von Karyn investieren wollen, können ihre Spende entweder auf elektronischem Weg der armen New Yorkerin zukommen lassen - über einen Online-Zahlungs-Dienst oder es an ein Postfach schicken. Kreditkarten nimmt Karyn nämlich nicht an. "Kreditkarten sind schlecht."(Von Giles Hewitt/AFP)