Alltag
"Big Brother" gegen Straßenprostitution
Italienischer Badeort bewacht Straßen mit Videokameras - Bürgermeister wollte Kunden der Öffentlichkeit zeigen
Rom - Der mittelitalienische Badeort Porto Sant'Elpidio an
der Adria setzt in einer beispiellosen Offensive gegen die
Straßenprostitution eine Art "Big Brother"-Methode ein. Fünf
Videokameras filmen 24 Stunden lang die Straßen, auf denen nachts Autofahrer mit Straßenprostituierten verhandeln. Die Videokameras sind mit der
Polizeizentrale verbunden, wo das Nummernschild des Freiers
aufgenommen wird. Der Fahrzeughalter wird anschließend - von der
Exekutive - zur Kasse gebeten. Juristische Handhabe: Die Kunden der
Sexarbeiterinnen werden wegen Verstoßes gegen das Haltverbot (!)
bestraft. Dutzende von Polizisten würden jeweils von 22.00 bis 4.00 Uhr in
der Stadt patrouillieren, um sie vom "ältesten Gewerbe der Welt zu
befreien", sagte der Bürgermeister des Badeortes, Paolo Petrini, "wir rechnen nicht, dass wir die Straßenprostitution
besiegen werden, wir hoffen jedoch, zumindest in jenen Stadtteilen
Ruhe zu bringen, die jede Nacht mit diesem Problem leben müssen."
Drohung mit Öffentlichkeit zeigte Wirkung
Der Bürgermeister hatte in den vergangenen Monaten mit dem
Vorschlag für Eklat gesorgt, die Videokameras mit einem
Maxibildschirm auf dem Hauptplatz zu verbinden, um der Öffentlichkeit
die Kunden der Straßenmädchen zu zeigen. "Es war nur eine
Provokation, doch sie hat geholfen. Die Zahl der Autofahrer auf den
Straßen der Prostitution ist sofort zurückgegangen. Wir versuchen,
die Kunden zu erschrecken, da es uns bisher nicht gelungen ist, die
Prostituierten von den Straßen fern zu halten", so der Bürgermeister.
Debatte geht weiter
In Italien ist eine lebhafte Polemik rund um Maßnahmen zur
Bekämpfung der Straßenprostitution im Gange. In den vergangenen
Wochen hatte sich Regierungschef Silvio Berlusconi mit der
Wiedereröffnung der seit den fünfziger Jahren gesperrten Bordelle
einverstanden erklärt, um die Prostitution aus den italienischen
Strassen zu verbannen. Sein Vorschlag hatte allerdings vor allem in
katholischen Kreisen für helle Entrüstung gesorgt. (APA)