Foto: Akris
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Eine Geschichte wie jene der Modemarke Akris klingt beruhigend in Zeiten, in denen die Wirtschaft an allen Ecken und Enden kracht: traditionelles Schweizer Familienunternehmen, gegründet 1922, langsam und kontinuierlich gewachsen, in der dritten Generation geleitet von zwei Brüdern, hält an soliden Grundsätzen wie qualitätsvoller Verarbeitung und feinen Materialien fest. "Akris ist hochspezialisiertes Handwerk, Eleganz und Understatement", lautet die Eigendefinition, "bei uns ist nichts laut", unterstreicht Albert Kriemler, der gemeinsam mit seinem Bruder Peter die Firma leitet und die Kollektionen designt. Dieses klare Konzept setzt der Designer in Modesprache um: klare Linien, einfache Formen mit Tendenz zum Pragmatismus, edles Material, gepflegte Ausführung mit handwerklichen Akzenten. Eine unaufgeregte Bekleidung, die auf den ersten Blick recht klassisch daherkommt und beim genaueren Hinsehen eine ausgeprägte Liebe zu modernen Lösungen verrät. Mit dieser Philosophie hat es das Schweizer Unternehmen in Laufe von 80 Jahren am internationalen Markt ziemlich weit nach oben geschafft. Vor 80 Jahren war man eine bescheidene Schürzenproduktion, heute wird Akris in Europa, Asien und Amerika (in den USA u.a. bei Bergdorf Goodman und Neiman Marcus) verkauft, man hat eigene Shops auf der Madison Avenue und der Rue du Faubourg Saint-Honoré. Ab Mitte September werden die Schweizer auch in Wien mit einer Boutique vertreten sein, in der besten Lage, am Kohlmarkt 4. Die Großmutter der heutigen Inhaber, Alice Kriemler-Schoch - die Firmenbezeichnung ist ein Akronym aus ihrem Namen - begann 1922 in St. Gallen, Schürzen für die Gastronomie zu nähen. Ihr Sohn Max übernahm 1944 die Kleiderfertigung und entwickelte das Produkt zu einer Pret-à-porter-Marke. Der heute 42-jährige Albert Kriemler trat bereits mit 20 Jahren ins Unternehmen ein und stellte auf der kreativen Seite die Weichen für die internationale Expansion. Sein Bruder Peter ist für Management, Produktion und Technik zuständig. "Wir sind noch immer eine kleine Firma", meint Albert Kriemler trotz allem. Das sollte nicht als falsche Bescheidenheit verstanden werden, sondern ist im eigentlichen Sinne ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgsrezepts von Akris: Man macht das, was man kann, und das macht man sehr gut, von anderen Dingen lässt man lieber die Finger. Daher setzt die Marke im derzeitigen Moment auch nicht auf Diversifikation. Es gibt Mode für Frauen in zwei Linien, Akris und Akris Punto (eine um rund 50 Prozent billigere Kollektion mit sportlicher Ausrichtung). Aber es gibt keine Accessoires, Schuhe, Taschen oder gar Parfums. Denn das kann man eben - noch - nicht. Dafür fehle dem Label, so Kriemler, das Know-how, aber auch das weltweite Erscheinungsbild. Und an diesem Bild feilt der Designer seit über 20 Jahren. "Man muss unvergleichlich und eigenständig sein, um international bestehen zu können", definiert er seine Vision der Marke. Er will Frauen mit seiner Mode nicht "verkleiden", nichts sei schrecklicher, als wenn man zuerst das Kleid und dann erst die Frau bemerke. Albert Kriemler hegt neben einem starken Interesse an Architektur eine ausgeprägte Leidenschaft für Vintage-Mode und findet Inspiration in alten Entwürfen - vor allem von Cristobal Balenciaga - der sei überhaupt der Größte. "Es gibt keinen Designer, der so zeitlos gute Mode gemacht hat, es gibt so viele Teile, die man heute noch anziehen kann, obwohl sie eigentlich ,antimodisch' sind." "Zeitloser Stil" und Kreativität bzw. Modernität seien keineswegs Gegensätze, sagt Albert Kriemler und erklärt das an einem Beispiel. Für eine weiße Bluse aus der neuen Herbstkollektion habe er im firmeneigenen Archiv eine wunderschöne Stickerei gefunden. "Normalerweise würde man das mit Seide kombinieren, wir nehmen aber Seidenstretch-Georgette, damit wird es modisch und auch praktisch." Eine derartige Liebe zur Qualität hat natürlich ihren - hohen - Preis. Akris bewegt sich hier in den Sphären von Celine oder Yves Saint Laurent, ein Kleid kostet beispielsweise um die 1200 Euro, ein Kostüm rund 2200 Euro. Für diesen Luxus braucht es die passende Präsentationsfläche, mit der Adresse am Kohlmarkt hat man sie gefunden. Die 100 m² des ehemaligen Cartier-Geschäfts werden gerade umgebaut, nach den Plänen des Tessiner Architekten Ferruccio Robbiani, unter der Verwendung von Marmor, Ahorn und Taft. "Wir machen nur Geschäfte an den ersten Adressen", sagt Kriemler, "denn unsere Kundin geht nur in die ersten Straßen." Von der Krise in der Luxusbranche sei sein Unternehmen nur temporär, im vergangenen Herbst, betroffen gewesen, die Sommersaison hingegen laufe sehr gut. Die Wiener Dependance versteht Kriemler übrigens nicht nur als schöne Auslage, sondern auch als Plattform für eine weitere internationale Expansion - in Richtung Osten und Westen. (derStandard/rondo/Margit Wiener/16/8/02)