Rom - Die italienische Regierung hat mit der Zählung und Bewertung der Denkmäler, archäologischen Stätten und Stränden begonnen, die zur Eindämmung von Italiens chronischem Defizit teilweise an Privatleute verkauft oder verpachtet werden sollen. Zwei von der Regierung gegründete Gesellschaften, "Infrastrutture Spa" und "Patrimonio Spa", die künftig für die Verwaltung von Staatseigentum verantwortlich sein sollen und einzelne Vermögenswerte zum Verkauf anbieten können, haben im Amtsbuch eine erste Liste mit dem Wert der Kunstschätzen, Immobilien, sogar Inseln und Strafanstalten unter staatlicher Kontrolle veröffentlicht. Wirtschaftsminister Giulio Tremonti soll unter diesen Staatsobjekten bestimmen, welche verkauft werden können. Auf der 800 Seiten langen Liste der Schätze im Besitz des italienischen Staats steht unter anderem die Insel Pianosa vor den Küsten der Toskana, auf der sich bis vor zehn Jahren eine Hochsicherheitsanstalt befand. Die Insel wird an die acht Millionen Euro bewertet. Die weltbekannten Reste der Villa Jovis des Kaisers Tiberius auf der Insel Capri sind knapp 90.000 Euro Wert. Sogar die Mailänder Strafanstalt San Vittore könnte verkauft werden. Der Basiswert liegt auf 20 Millionen Euro. Paläste und Strände Auf der Liste findet man außerdem mehrere Paläste in Venedig, renommierte Strände, Bahnhöfe und Straßen. "Nur ein Teil der zensierten Staatsobjekte werden tatsächlich auf den Markt kommen", erklären die Experten des italienischen Schatzministeriums. Die italienische Regierung habe ausschließlich mit einer Zählung aller Objekte begonnen. Der Wert der Objekte sei auf Grund alter Katasterwerte berechnet, die nicht der Marktentwicklung entsprechen. Daher sei der berechnete Wert der Staatsobjekte bis zu zehn Mal niedriger als der reale Marktwert. In den nächsten Monaten wird Schatzminister Tremonti bestimmen, welche Objekte verkauft werden können, um die leeren Staatskassen aufzufüllen. Bis Jahresende soll ein Katalog der Kunstschätze veröffentlicht werden, die verkauft werden können, berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica". Der Verkauf von öffentlichem Eigentum sowie höhere Pacht- und Mieteinnahmen sollen dem Staat in drei Jahren 730 Millionen Euro einbringen. Mit den Einnahmen sollen Bauvorhaben des Staates - wie etwa die geplante riesige Hängebrücke zwischen dem Festland und Sizilien - finanziert werden. Nach der Veröffentlichung der Liste mit den Staatsobjekten ist die Opposition außer sich. Sie wirft Regierungschef Silvio Berlusconi vor, die nationalen Schätze so zu behandeln, als ob sie seine eigenen wären. Der Ex-Unterstaatssekretär im Kulturministerium, Vittorio Sgarbi, der vor zwei Monaten aus Protest gegen die Linie des Kulturministers Giuliano Urbani zurückgetreten war, erklärte, man müsse eine Verschleuderung der Staatsgüter vermeiden, man dürfe jedoch Private nicht verteufeln. Die Palladio-Villen in Venetien seien in privaten Händen und gut verwaltet. Um die Wogen der Aufregung zu glätten, versichert die Regierung, sie wolle die nationalen Schätze schützen, nicht verschleudern. Lediglich Güter und Immobilien im Besitz von Ministerien, Staatsbetrieben oder Gemeindeverbänden sollten verkauft werden. Die staatlichen Strände mit einer Länge von 8.000 Kilometern sollen zu höheren Preisen verpachtet werden - zurzeit nimmt der Staat aus dieser Verpachtung nur 209 Millionen Euro im Jahr ein. (APA)