Wien - Zur Frage, welcher Ausgang des Machtkampfes der bessere für die FPÖ wäre, waren am Montag sehr unterschiedliche Einschätzungen der Meinungsforscher zu hören. Während David Pfarrhofer vom market-Institut von "poltischem Harakiri" sprach und meinte, dass LH Jörg Haider in der Wählergunst letztlich "immer noch ein bisschen die Nase vorne haben würde", ist Andreas Kirschhofer vom IMAS-Institut überzeugt: Siegt Parteichefin Susanne Riess-Passer, wäre das eine "riesige Chance" für die FPÖ, eine Rückkehr Haiders hingegen eine "lebensbedrohende Gefahr". "Würde Riess-Passer den Kürzeren ziehen oder resignieren, hätte das fatale Auswirkungen. Das würde sicherlich die Spaltung oder den Abfall in die Bedeutungslosigkeit bedeuten", sagte Kirschhofer gegenüber der APA. Haider habe nämlich "seine frühere Wirkung bei der Masse der Wählerschaft verloren", mit ihm wäre ein "großer Stimmenverlust zu vermuten". Wenn Haider sich selbst immer wieder als Retter in der Not darstellt, "unterliegt er möglicherweise aus der Kärntner Stimmungslage heraus einer Fehleinschätzung der Situation im Bundesgebiet. Ich glaube, er verkennt die öffentliche Meinung im Moment." Seine Stärke seien nur noch einige Landesverbände und Funktionärsgruppen und ein Wähler-Kernkreis. Aber er habe mittlerweile "ein großes Handicap über die eigene Anhängerschaft hinaus Stimmen an sich zu ziehen. Er gilt nicht mehr als das - früher geschätzte - Korrektiv, sondern eher als störendes Element", ist Kirschhofer überzeugt. Riess-Passer sei hingegen in der Lage, auch Randgruppen anderer Parteien an sich zu ziehen und sie könne als konstruktiv gelten. Wenn sie sich durchsetzt und es ihr gelingt, "Ordnung im eigenen Haus zu schaffen", sieht Kirschhofer "die riesige Chance für die FPÖ, in der öffentlichen Meinung Rückhalt zu kriegen." Riess-Passer könnte bei der nächsten Wahl nahe an das letzte Ergebnis, 26,9 Prozent, herankommen, Haider hätte es "sehr sehr viel schwerer, auch nur annährend diesen Wert zu erreichen". Ein Wahlkampf-Engagement Haiders - mit dessen Verweigerung dieser ja immer droht - wäre wohl nur mehr in parteiinternen Veranstaltungen nützlich, "ich glaube nicht, dass das sehr viel Gewinn bringen würde in der breiten Öffentlichkeit". Anders Pfarrhofer: Haider habe gerade in Wahlkämpfen immer wieder sehr gut punkten können; er habe es, wenn es "zur Sache ging, immer wieder geschafft, Wähler auf seine Seite zu locken. Ich traue ihm zu, dass er wieder punkten könnte". Aber gleichgültig wer an der Spitze steht, liege für die FPÖ die Latte sehr hoch: "Auch nur das Ergebnis der letzten Wahl zu erreichen, wird aus heutiger Sicht nicht gelingen." Wichtig für die FPÖ wäre, möglichst rasch wieder eine geschlossene Linie zu finden, "je mehr das in die Länge gezogen wird, umso kritischer wird es". "Es ist so, dass - wie Freiheitliche selbst sagen - mit diesen Auseinandersetzungen alles kaputt gemacht wird, was in jahrelanger Kleinarbeit aufgebaut wurde", betonte Pfarrhofer. Und da gehe es nicht nur um den Verlust von einigen Wählern, "sondern um eins, zwei, vielleicht sogar drei Prozent". Der Machtkampf strahle auch "in Kernkompetenzen hinein. Einerseits in Sachen Wahlversprechen - und andererseits kommt bei den Österreichern auch das Gefühl auf, es geht um Positionen, darum, wer da oben sitzen darf." Das berühre das "klassische FPÖ-Thema Postenschacher". Der bei den Wählern entstehende Eindruck, dass in der FPÖ nur herumgestritten, aber nicht mehr gearbeitet wird, könnte auch auf die gesamte Regierungsarbeit abfärben, meinte Pfarrhofer. "Die ÖVP muss aufpassen, dass ihr einerseits der Koalitionspartner nicht wegbricht, und dass man andererseits noch glaubhaft machen kann, dass schon noch Arbeit getan wird." Gallup: Haider schadet der Partei Mit seinen jetzigen Querschüssen schade Alt-Parteichef Jörg Haider seiner Partei. Anstatt sie, wie er als seine Absicht betont, vor weiterem Schaden zu bewahren, beschädige er die relativ gute Position, die sich die Regierungsmannschaft unter Parteichefin Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F) erarbeitet habe. Diese Meinung teilen die beiden Meinungsforscher Fritz Karmasin (Gallup-Institut) und Peter Hajek (OGM). Außerdem sind beide der Ansicht, dass sowohl Riess-Passer als auch Haider unverzichtbar sind für die Partei - und für die Koalition. Riess-Passer oder Finanzminister Karl-Heinz Grasser hätten anerkannt gute Arbeit geleistet, die internationalen Probleme angesichts der Regierungsbildung hätten sich mittlerweile bereinigt. "Jetzt hätte es eigentlich möglich sein können, bis zum Ende der Legislaturperiode den Beweis zu erbringen, dass die FPÖ in der Lage ist, aktive Regierungspolitik zu betreiben - was ja von vornherein nicht so klar war. Die Querschüsse jetzt machen sehr viel der bisher geleisteten positiven Arbeit zunichte", stellte Karmasin gegenüber der APA fest. Geboten sei für die FPÖ, rasch die Streitigkeiten zu beenden. Sie habe ohnehin alle Hände voll zu tun, ihr letztes Wahlergebnis (26,9 Prozent) wieder zu erreichen, stehe sie derzeit doch bei um die 20 Prozent. "Das bedarf aller Anstrengungen und eines gemeinsamen Vorgehens." Wenn doch entweder Haider oder Riess-Passer sich zurückziehen, "würden die FPÖ zwangsläufig Wähler verlieren. Und dann ist nicht nur die Position der FPÖ als wichtige politische Kraft gefährdet, sondern auch die Wenderegierung", meinte Karmasin. Die ÖVP könne nicht das aufholen, was auf eine schwarz-blaue Mehrheit dann fehlen würde. "Der Koalitionspartner muss über 20 Prozent einbringen", liege die ÖVP doch bei 27 bis 29 Prozent. Diese Ansicht teilt auch Hajek: "Sie sind ein siamesisches Zwillingspaar, sie müssen zusammenbleiben, ob sie wollen oder nicht. Beide bedienen mittlerweile verschiedene Wählergruppen. Wer auch immer geht, es gäbe einen Stimmeneinbruch." Sollte Haider in einem Machtkampf siegen und Riess-Passer abtreten, "würde alles den Bach runter gehen. Da kann Haider noch so ein Stimmenbringer sein, die FPÖ würde runtersacken". Mitziehen würde das, meint Hajek, auch die ÖVP, "der Kanzler käme in Erklärungsnotstand, was aus der Wenderegierung wurde." Riess-Passer sei als "politische Mediatorin der Garant für die FPÖ und die Regierung". Gemeinsam seien Haider - "der auf der populistischen Schiene Druck macht" - und Riess-Passer - "die Sachliche, die Reformen vorantreibt " - ein gutes Team mit einer durchaus funktionierenden Doppelstrategie gewesen. Jetzt habe es Haider mit seinem "Zund von außen" aber "in der Dosierung übertrieben". Wobei für Hajek das Ausmaß von Haiders "Selbstzerstörung" unverständlich ist: "Mit der Hochwasser-Katastrophe hätte die Regierung das Fehlen des Nulldefizits, der Steuerreform gut verkaufen können. Wie man eine so gute Ausgangssituation für die Wahl so zerstören kann, verstehe ich nicht." Natürlich leide Haider darunter, zu sehen, wie die Partei, die er auf 27 Prozent "raufgepusht" habe, absacke. "Aber so, wie er das jetzt angeht, wird er sie nicht wieder raufbringen." (APA)