Van der Bellen im STANDARD-<b>Interview:</b> "Haider will offenbar die FPÖ ruinieren"
Der Grünen-Chef glaubt nicht an vorgezogene Wahlen - Die VP sei aber
in der Zwickmühle
Redaktion
,
STANDARD:
Wie schätzen Sie die Situation ein?
Van der Bellen:
Es fällt schwer angesichts dieser
Tragikkomödie, den nötigen Ernst zu bewahren. Das fängt damit an, dass die Idee von FP-Chefin Susanne Riess-Passer eine Volksbefragung über einen FP-internen Konflikt zu machen, doch etwas Absurdes an sich hat.
STANDARD:
Sie halten also nichts von einer
Volksbefragung zur Steuerreform?
Van der Bellen:
In der Form nicht. Da müssten ja
Riess-Passer und die gesamte Regierung begründen, warum wir über einen FP-internen
Konflikt eine Volksbefragung machen, aber
über den Ankauf der Eurofighter nicht.
STANDARD:
Wird die ÖVP mitziehen?
Van der Bellen:
Sie ist in einer Zwickmühle.
Erstens müsste die VP dann auch die Eurofighter befragen lassen. Alles andere wäre völlig
unglaubwürdig. Damit droht ein Konflikt mit
Haider. Tut sie das nicht, ist die Vizekanzlerin
desavouiert. Egal was sie macht, es ist falsch.
STANDARD:
Wie lange hält die Koalition noch?
Van der Bellen:
Sie werden versuchen, auch
dieses Tief auszusitzen.
STANDARD:
Also keine vorgezogenen Neuwahlen?
Van der Bellen:
Derzeit nicht. Die nächsten Konfliktpunkte kommen aber schon. So muss etwa
das Budget für 2003 beschlossen werden und
nicht zuletzt: Haider will offenbar die FPÖ ruinieren. Da sage ich nur: Viel Vergnügen!
STANDARD:
Wer gewinnt den Kampf in der FP?
Van der Bellen:
Einen Gewinner kann es da
kaum noch geben, wenn ich mir nur ansehe,
was der Haider alles schon angestellt hat. Und
jetzt folgt die offene Kampfansage an die eigene
Partei. Ich würde mir wünschen, dass Riess-
Passer Flagge zeigt und sich der Auseinandersetzung offen stellt. Wenn sie verliert, dann hat
sie halt verloren. Sie kriegt sicher auch einen
Job in der Privatwirtschaft oder kann Spitzenkandidatin in Tirol werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.8.2002)
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