Wien - "Es gibt keinen Skandal. Unser Kalkül ist kein politisches oder touristisches, sondern ein künstlerisches. Wir halten uns selbstverständlich an die Entscheidung der international renommierten Jury und realisieren 'Plein Air' wie geplant." So stellte Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle Wien, die Position seines Hauses zu der temporären künstlerischen Intervention "Plein Air" des polnischen Künstlers Robert Rumas bei der Vorstellung des Projektes klar. Zu einiger Aufregung war es gekommen, als Ryszard Zoltaniecki, Direktor des Adam Mickewicz-Instituts, dem Siegerprojekt eines im Rahmen des Polnischen Jahres in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Wien durchgeführten Wettbewerbs die offizielle Unterstützung mit der Begründung entzog, über den "positiven Promotioneffekt" für die Präsentation Polens keine Gewissheit zu haben. Gerald Matt reagierte empört: "Die Kunst ist nicht eine Unterabteilung der Tourismusbranche." Georg Schöllhammer, Jurymitglied des Wettbewerbs, findet die Absage ebenfalls "bedenklich" und ist erstaunt: "Keiner von uns dachte an einen Skandal." "Leichtigkeit und Ironie" "Plein Air" verwandelt den Karlsplatz für sieben Tage in eine "Idylle der Freiluftmalerei". Seit gestern malen jeweils sechs StudentInnen der Akademie der bildenden Künste verkleidet mit angeklebtem Bärtchen und weißem Kittel den Karlsplatz - ein auch beim jungen Hitler zu seiner Zeit als Postkartenmaler beliebtes Motiv und ein "Sujet aus der privaten Ikonographie so vieler Österreicher". "Leichtigkeit und Ironie" sind laut Schöllhammer wesentliche Qualitäten des Projekts. "Rumas künstlerische Intervention hat die psychoanalytisch befreiende Geste des Geschenks. Er gibt uns Hitler zurück, in einem Status 'davor', als zweimal scheiternder Bewerber um einen Studienplatz an der Akademie." Außerdem sei es "eines der wenigen Projekte, die die Vorgabe der Bezugnahme auf den spezifischen Ort mit seinem historischen Kontext erfolgreich umgesetzt haben", begründet er die Entscheidung der vierköpfigen Jury. "Damit keine intellektuelle Leere entsteht, haben wir um den Wettbewerb herum ein Symposion gebaut, das die Qualitäten und Potenzialitäten des öffentlichen Raumes in unterschiedlichen Kontexten erörtern soll", erklärt Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka, Koordinatorin des Polnischen Jahres. Zu Vorträgen zum Thema "Der öffentliche Raum - eine Bühne der Kultur" werden vom 20. bis 22. 9. prominente Publizisten, Philosophen, Künstler und Kunsthistoriker aus Polen und Österreich in der Lounge der Kunsthalle erwartet. Derweil erklären die Hitler-Imitate auf dem Karlsplatz den neugierigen Passanten, was sie da tun. "Manche glauben, dass wir Charlie Chaplin sind, andere verstehen, wen wir spielen. Das kommt wohl darauf an, wie gut sie die Geschichte kennen. Die Touristen machen gerne Fotos von uns", schildert Hansel Sato seine ersten Erlebnisse. "Manche schauen etwas irritiert, aber einen Skandal kann man so sicher nicht auslösen." (APA)