Andrea Kuntzl zum Konto-Modell: "Wer kürzer zu Hause bleibt, bekommt mehr Geld im Monat. Jede soll sich ein maßgeschneidertes Modell zurecht zimmern können".
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Wien - Zur Kinderbetreuung schlagen die Grünen die Einführung eines Karenzkontos vor. Der derzeit für das Kinderbetreuungsgeld zur Verfügung stehende Betrag von insgesamt knapp 16.000 Euro pro Kind soll demnach in ein flexibles Konto umgewandelt werden, das individuelle nach den Bedürfnissen der Eltern zwischen mindestens einem Jahr und maximal sechs Jahren Karenz in Anspruch genommen werden kann. Abschaffung der Zuverdienstgrenze Die Gesamtsumme steht nur dann zur Verfügung, wenn auch der zweite Partner zumindest ein halbes Jahr in Karenz geht. Wird sie nur von einem Elternteil beansprucht, reduziert sich die Summe um ein Drittel - ausgenommen davon sind Alleinerziehende. Die derzeit bestehende Zuverdienstgrenze von rund 14.534 Euro jährlich wird dabei abgeschafft. Es sollen auch beide Elternteile gleichzeitig in Karenz gehen können. Auch Unterbrechungen sollen möglich sein. Die maximale Dauer von sechs Jahren ist vor allem für Teilzeitkarenzen gedacht. Wie die stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig und Sozialsprecher Karl Öllinger bei der Präsentation des Konzepts am Freitag in einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärten, ist das grüne Modell nicht nur flexibler, sondern auch einfacher und praktikabler als das derzeitige Kindergeld. Dieses wird, wenn beide Elternteile die Betreuung übernehmen, drei Jahre ausbezahlt. Ein Elternteil kann maximal zweieinhalb Jahre das Kindergeld in Anspruch nehmen. Kürzere und Teilzeitkarenzen fördern Das grüne Modell ermögliche hingegen die Entscheidungsfreiheit der Eltern und fördere das partnerschaftliche Eingehen auf die Kinder, meinten Öllinger und Glawischnig. Die Grünen wollen damit auch Teilzeitkarenzen und kürzere Karenzen fördern. Derzeit hätten viele Frauen nach zweieinhalb Jahren Karenz große Schwierigkeiten, zu den gleichen Bedingungen wieder in den Beruf einzusteigen. Vorgesehen sind auch ein Recht auf Teilzeitarbeit und ein Recht auf Kinderbetreuung. Für die maximale Dauer von sechs Karenzjahren soll ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Teilzeitarbeit geschaffen werden. Der im derzeitigen Modell bestehende Kündigungsschutz von zwei Jahren soll aber auch in dem grünen Konzept nicht verlängert werden. Bund und Länder sollen sich gemeinsam verpflichten, bis zum Jahr 2010 die Ziele des europäischen Rates von Barcelona umzusetzen, für mindestens ein Drittel der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zu schaffen. Für Kinder von drei bis sechs Jahren sollen die Angebote ganztägiger Betreuungsformen deutlich ausgebaut werden. ÖVP ist für Verbesserungen offen Die FPÖ lehnte die Vorschläge ab, in der ÖVP reagierte man mit Skepsis. Der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Karl Schweitzer sprach von "grünen Hirngespinsten". Darin manifestiere sich eine "absolut kinder- und familienfeindliche Geisteshaltung". ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat wandte sich zwar gegen verschiedene Details, betonte aber, die ÖVP stehe Verbesserungen beim Kindergeld offen gegenüber. SPÖ für "Kindergeldkonto" Für die Einrichtung eines "Kindergeldkontos" spricht sich nun SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl in einem Interview mit dem "Falter" aus. Ähnliches hatten zuvor bereits die Grünen gefordert. Konkret führt Kuntzl zu ihrem Konto-Modell aus: "Wer kürzer zu Hause bleibt, bekommt mehr Geld im Monat. Jede soll sich ein maßgeschneidertes Modell zurecht zimmern können. Wenn man will, kann man die Karenzzeit weiter in einem Block nehmen - was ich nicht empfehle - oder man kann sich die Zeit aufheben, etwa für den Schuleintritt des Kindes. Die Zuverdienstgrenze wird mit unserem Modell obsolet." Kündigungsschutz während der Karenz Weitere Eckpfeiler des von der SPÖ adaptierten Kindergeldmodells: das Recht auf Teilzeit, bis das Kind in die Schule geht, 36 Monate Kündigungsschutz während der Karenz plus sechs Monate Behaltefrist danach und einen Alleinerzieherzuschlag. Für Alleinerzieherinnen soll es außerdem das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag geben. Hinsichtlich der Finanzierung sieht Kuntzl kein Problem. "Ich rechne nicht damit, dass es viel teurer wird, denn auch jetzt schöpfen die meisten Frauen das Kindergeld schon voll aus." Kuntzl betont zudem, dass niemand etwas dagegen habe, dass zusätzliche Personengruppen auch Kindergeld beziehen - die Regierung hatte ja den Bezieherinnenkreis auf alle Frauen ausgeweitet. Sie halte nur die Finanzierung für "ungerecht", so die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin. "Es wäre zu überdenken, ob das Kindergeld weiter aus dem Familienlastenausgleichsfonds finanziert werden soll, wo Arbeitnehmerinnengeld drinnen liegt, oder ob man es aus dem normalen Budget nimmt." (APA)