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Gasmarktliberalisierung: Mittelfristig erwartet Energie Control- Geschäftsführer, Walter Boltz, dass etwa zehn Prozent der Haushalte ihren Lieferanten wechseln werden.

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Wien - Dienstag war Stichtag für die totale Öffnung des heimischen Gasmarkts. Damit können alle Kunden frei den Lieferanten wählen. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erwartet, dass sich die rund eine Million Haushaltskunden beim Gas binnen zwei bis drei Jahren im Schnitt jeweils 100 Euro jährlich ersparen können. Rechne man die Einsparungen für das Gewerbe dazu, klettere das Einsparungsvolumen auf 160 bis 180 Mio. Euro. Nicht mit eingerechnet seien dabei die Gasverbilligungen bei den Großbetrieben, die bereits jetzt beim Gas die Qual der Wahl haben. Großteil der Kunden in Ostösterreich Mit der nun erfolgten Öffnung des Gasmarktes hat Bartenstein das von ihm abgesteckte Liberalisierungsziel erreicht. Österreich sei neben Großbritannien und Deutschland das dritte EU-Land, das seine Energiemärkte vollständig für den Wettbewerb geöffnet habe, betonte der Wirtschaftsminister am Montag. Von der Gasliberalisierung profitierten allerdings deutlich weniger Kunden, weil der Gasmarkt nur ein Drittel der Größe des Strommarktes habe, so der Wirtschaftsminister. So betrage die Summe aller Stromrechnungen in Österreich im Jahr rund fünf Mrd. Euro, bei Gas seien es 1,6 Mrd. Euro. Der Löwenanteil der Kunden befindet sich in Ostösterreich. 720.000 in Wien, 240.000 in Niederösterreich, weitere 200.000 in Oberösterreich (Oberösterreichische Ferngas plus Linz AG). Der Chef des Energieregulators E-Control, Walter Boltz, sieht bei den Gastarifen noch deutlich Spielraum nach unten, besonders bei teureren Anbietern: Die Spreizung zwischen dem teuersten (Grazer Stadtwerke mit 860 Euro) und dem billigsten, der Tiroler Tigas, beträgt 226 EURO. Annahme ist ein Durchschnittshaushalt mit 1500 m³ Verbrauch. Ein Teil der Differenz sei auf Quersubventionen zurückzuführen, "diese Preisunterschiede sind rein kostenmäßig nicht zu erklären", sagte Boltz. Besonders bei den Durchleitungsgebühren sei bei einigen Anbieter noch viel drinnen. Um die Kosten herunterzubekommen, wird der Regulator den Unternehmen Abschläge verordnen, im Einklang mit den Produktivitätssteigerungen bei den Versorgern. Eklatant ist die Spreizung in der grünen Mark: Der Unterschied zwischen der Stadt Graz und der übrigen Steiermark beträgt 138 EURO im Jahr. Formel Keinen Einfluss hat die Liberalisierung auf jene Formel, mit der der Preis für das Gas berechnet wird. Da dieser dem Preis für Rohöl und Heizöl leicht und schwer drei bis sechs Monate zeitverzögert, könnte es im neuen Jahr zu Verteuerungen kommen. Bis Jahresende sei aber beim Einstandspreis ein Plus von drei bis vier Prozent vorstellbar, sagte Boltz dem STANDARD. Der Energieregulator geht in seiner Prognose nicht von einem weiteren kräftigen Ölpreisanstieg aus, ein US-Angriff gegen den Irak sei nämlich schon eingepreist. (rose, DER STANDARD, Printausgabe 1.10.2002))