Bild nicht mehr verfügbar.

Gianfranco Fini bei der Kundgebung 'Referendum Friedensplatz' in Bozen

Foto: APA/Dolomiten

Wien/Bozen – In der Affäre um die Verleihung des zweithöchsten österreichischen Ordens an den italienischen Postfaschistenchef und Vizepremier Gianfranco Fini schieben Präsidentschaftskanzlei und Außenministerium einander wechselseitig die Verantwortung zu.

Das Außenamt erklärte am Donnerstag, man habe die italienische Vorschlagsliste (anlässlich des Staatsbesuches von Bundespräsident Thomas Klestil) an die Hofburg weitergeleitet. Dort wiederum hieß es, Klestil habe die Vorschläge der Bundesregierung "nur" beurkundet. ÖVP-Klubchef Andreas Khol, der auch Südtirol-Sprecher des Nationalrats ist, sagte zur Südtiroler Tageszeitung Dolomiten, es handle sich "um keine Auszeichnung für den neufaschistischen Politiker Fini", sondern um eine "Pflichternennung im Rahmen des protokollarischen Gesamtpakets für Staatsbesuche". Fini habe sich "gerade in der Referendumsfrage als Revisionist qualifiziert". Khol bezog sich damit auf Finis Forderung nach Rückbenennung des Bozener Friedensplatzes in "Siegesplatz". Darüber findet am Sonntag ein Referendum statt.

Bozen ist entrüstet

In Bozen ist die Entrüstung über die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens an Gianfranco Fini groß: Landeshauptmann Luis Durnwalder will "auf allen Ebenen" gegen die Auszeichnung des italienischen Vizepremiers und Postfaschistenchefs protestieren und spricht von "mangelnder Sensibilität". Altlandeshauptmann Silvius Magnago, selbst Träger des "Goldenen Ehrenzeichens", bezeichnet die Ehrung Finis als "Fehlgriff", SVP-Chef Siegfried Brugger kritisiert, dass er nicht vorab informiert worden sei; er müsse jetzt die "höchstpeinliche Situation" den Südtirolern erklären.

Gleichzeitig werden in Bozen auch die Befürchtungen immer stärker, dass Südtirol in der Wiener Außenpolitik "parteipolitischen Freundschaften" geopfert werde; Vertreter von SVP, der Union für Südtirol und der Grünen meinten unisono, die Fini-Auszeichnung sei "der bisherige Gipfel der Anbiederungspolitik" der schwarz-blauen Wiener Regierung an die Rechtskoalition in Rom; die Wiener Außenpolitik wird in Stellungnahmen als "dilettantisch, ignorant und peinlich" bezeichnet.

Weingartner empört

Während Tirols angehender Landeshauptmann Herwig Van Staa die Ehrung in Innsbruck als "protokollarische Usance" verteidigte, zeigte sich Landeshauptmann Wendelin Weingartner empört: "Die Verleihung an einen Postfaschisten zeigt mangelnde Sensibilität gegenüber der Geschichte." Für ihn sei das nicht als "Usance" zu entschuldigen, reagiert Weingartner auf seinen designierten Nachfolger. "Hätte man mit uns Rücksprache gehalten, wäre dies nicht geschehen." Dass es ein Fehler war, zeige das Verhalten Finis, "der den Orden just am Vorabend jenes Tages präsentierte, an dem vor 80 Jahren die Faschisten in Bozen den letzten deutschen Bürgermeister aus dem Rathaus verjagten." (afe, bs/DER STANDARD, Printausgabe, 4./5.10.2002)