Literatur
Frankreich: Weiterhin Aufruhr um "Rose bonbon"
Kinderschutz-Vereinigungen sprechen von "Verherrlichung von Pädophilie" - "Liberation" befürchtet Zensur
Paris - In Frankreich bleibt der Anfang September
erschienene Roman "Rose bonbon" von Nicolas
Jones-Gorlin im Kreuzfeuer der Kritik. "Auf dem Wege zur Zensur"
titelte die Tageszeitung "Liberation". Das
Innenministerium hatte dem verantwortlichen Verlag Gallimard mit
einem Verkaufsverbot gedroht, nachdem Kinderschutz-Vereinigungen
wegen "Verherrlichung von Pädophilie und Verbreitung pornografischer
Szenen, die gegen die Menschenwürde verstoßen" protestiert hatten. In "Rose bonbon" beschreibt der Autor in Einzelheiten die
pädophilen Tendenzen seines Romanhelden und Mörders Simon, der Kinder
entführt und nach Befriedigung seiner Lust ermordet. Der Autor hat
die Beschuldigung zurückgewiesen, "mit viel Lust und Freude die
pädophilen Szenen geschrieben zu haben". Er habe eine "moderne Fabel"
und eine Gesellschaftskritik schreiben wollen, verteidigte sich
Jones-Gorlin.
Bedenklich?
Die Liga für Menschenrechte hat die "Zensurpläne" des
Innenministeriums verurteilt. Dann müsse man alle Werke über Drogen,
Rassismus und Gewalt verbieten, sagte ein Sprecher. Das Ministerium,
das ein Verkaufsverbot prüft, beruft sich auf ein Jugendschutz-Gesetz
von 1949. Zuletzt habe Innenminister Charles Pasqua 1986 den Verkauf
des Romans "Prince et Léonardours" von Mathieu Lindon an Jugendliche
verboten, weil darin eine pädophile Szene beschrieben wurde, hieß es
in "Le Figaro".
Das renommierte Verlagshaus Gallimard, das zunächst den Verkauf
des Buches eingestellt hatte, brachte es Mitte September wieder in
die Regale, diesmal allerdings in Zellophan eingehüllt und mit dem
Hinweis versehen, dass es sich um ein fiktives Werk handele. (APA/dpa)