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"Der Österreicher ist von seiner Natur her ja ein lustiger Reisemensch", so Neckermann-Boss Franz Tobisch. Aber nicht nur darum, so meint er, sei das anlaufende Weihnachtsgeschäft in einem im Bereich Auslandsreisen sehr schwierigem Geschäftsjahr nicht von der Sorge um eine mögliche Eskalation im Irak getrübt. "Zum einen sind die Leute besser informiert", sagt er. Zum anderen hätten sie die Gewissheit, "dass der Veranstalter eine Sorgepflicht hat".

Die Buchungen in islamische Länder seien derzeit also nicht beeinträchtigt, Ägypten verzeichne gegenüber dem Vorjahr sogar ein Buchungsplus. Der 11. 9. habe auf diesen Vergleich keinen Einfluss, weil dieses fatale Datum auf dem Buchungssektor erst mit einer Verzögerung von drei Monaten spürbar geworden sei.

"Wir haben eine andere Situation als nach 11 / 9", so Tobisch. "Wenn alle Veranstalter dieses Jahr unter den Erwartungen bleiben, dann, weil Autoreisen geboomt haben wie selten zuvor." Bei den Flugreisen seien insgesamt Rückgänge zwischen zwölf und 14 Prozent zu verkraften. Das wiederum führt Heidemarie Sterk, Sales Manager bei Columbus, in erster Linie auf das gesamtwirtschaftliche Tief zurück. "Das Buchungsverhalten insgesamt hat sich verändert, die Leute sind abwartender, entscheiden immer kurzfristiger." Das bestätigt auch Kuoni-Boss Gunther Hölbl.

Ein "ganz normales Buchungsverhalten", ja vorsichtigen "Anlass zur Freude" in einem schwierigen Geschäftsjahr, sieht hingegen Franz Leitner, Vorstand der GTT-Group (Gulet Touropa Touristik und der TUI-Austria). Auch er betrachtet Ägypten als großen Gewinner, was er auf die "gute Öffentlichkeitsarbeit, als auch das hervorragende Preis-Leistungsverhältnis" dieser Destination zurückführt.

Auch bei ITS BILLA REISEN / Jahn Reisen sind für das Weihnachtsgeschäft "bis dato keinerlei Rückgänge im Buchungsverhalten in islamische Länder" zu verzeichnen. Ähnlich sieht das Martin Bachlechner, Vorstandsdirektor der RUEFA. Er berichtet sogar von den "besten Vorausbuchungen" der vergangenen fünf Jahre, Ägypten, Jordanien und Marokko liefen gut und ein weiterer Shooting-Star zeichne sich ab: Dubai. Das bestätigt auch Markus Bürger, Verkaufsleiter bei GEO Reisen: "Dubai scheint die Insel der Seligen zu sein, da laufen die Buchungen sehr, sehr gut." Generell tue eine mögliche militärische Intervention im Irak den Buchungen in den arabischen Raum derzeit keinen Abbruch.

Margit Leuthold vom Institut für Integrativen Tourismus und Freizeitforschung hat dafür auch eine Erklärung parat: "Die Reisenden haben inzwischen einen sehr viel differenzierten Blick, als man das gemeinhin vielleicht annimmt." Der Irak und andere islamische Länder würden nicht einfach in einen Topf geworfen. "Zur Zeit des Balkankonfliktes sind ja auch Touristen nach Europa gekommen, und wir Europäer haben einen differenzierten Blick erwartet. Gerade Slowenien und Ungarn haben das massiv eingefordert. Das gilt jetzt auch für die arabischen Länder." (Tanja Paar/DER STANDARD, Printausgabe, 11.10.2002)