Energiemarkt
Irak-Konflikt: OPEC würde vorübergehende Öl-Überproduktion tolerieren
Kartell zeigt sich angesichts möglicher Lieferengpässe flexibel
Doha - Das Ölkartell Opec würde nach Worten seines
Präsidenten Rilwanu Lukman eine Überproduktion von Öl dulden, falls
es im Zusammenhang mit dem Irak-Konflikt zu Lieferengpässen kommen
sollte. Auf die Frage, ob die Opec derzeit nicht ein Auge zudrücken wolle,
um die Ölversorgung sicherzustellen, sagte Lukman am Sonntag in
Katar: "Würden Sie es nicht für gut halten, Notsituationen
vorwegzunehmen und sich darauf vorzubereiten?" Es sei nicht Politik
der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec), ihre Mitglieder
zu knebeln. "Wir gestatten Initiativen zur Beruhigung des Marktes",
sagte Lukman am Rande einer Tagung in Doha. Allerdings müsse der
Ölpreis in dem von der Opec angestrebten Preisband von 22 bis 28
Dollar bleiben. Das Ölkartell erlaubt offiziell nur eine Förderung
von 21,7 Millionen Barrel (je 159 Liter) täglich, die Menge wird aber
ohnehin bereits um zwei Millionen Barrel pro Tag überschritten.
Preis gestiegen
Ölminister führender Opec-Länder äußerten unterdessen
unterschiedliche Erwartungen für die Öl-Preisentwicklung im Fall
eines US-Angriffs auf Irak. In den vergangenen Wochen war der Ölpreis
zeitweise auf mehr als 30 Dollar pro Barrel (159 Liter) gestiegen,
weil der Markt eine Ölknappheit bei einem Krieg gegen das
Opec-Mitglied Irak fürchtet. Der iranische Ölminister Bidschan
Zanganeh sagte in Doha jedoch, ein US-Schlag könnte zum Zusammenbruch
des aktuellen hohen Preises beim Rohöl führen. "Wir glauben, dass es
derzeit keine Unterversorgung mit Öl gibt." Der aktuell hohe Preis
sei politisch bedingt. "Nach einem Angriff werden wir möglicherweise
eine neue psychologische Situation haben, in der die Preise auf ihre
fundamentalen Größen zurückgehen sollten."
Der Ölminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAR) hingegen
erwartet eine weitere Preissteigerung im Falle eines US-Krieges gegen
Irak. "Im aktuellen Ölpreis ist eine Prämie von mehr als fünf Dollar
pro Barrel enthalten wegen der politischen Spannungen", sagte Obaid
al-Nasseri in Abu Dhabi. Diese krisenbedingte Prämie könne noch
steigen, falls sich die Lage im Nahen Osten zuspitzen sollte. Der
US-Kongress hatte Präsident George W. Bush am Freitag ermächtigt,
auch militärische Mittel einzusetzen, um Irak zur Abrüstung zu
zwingen.
Am Freitag hatte der Barrel Öl der Nordseesorte Brent zur
Lieferung im November an der Londoner Warenterminbörse (IPE) 28
Dollar betragen. (APA/Reuters)