Say Amen, Somebody
21.10., 13.30 M

Foto: Viennale

Only the Strong Survive
26.10., 21.00 K
27.10., 15.30 G

Foto: Viennale
Von Ray Charles ist ein Satz über den Unterschied zwischen Gospel und weltlichem Rhythm'n'Blues überliefert: "You just turn Jesus into Baby and that's it." Die Viennale zeigt zwei Filme, von denen sich einer der Baby-, der andere der Jesus-Seite widmet. Die Doku Say Amen, Somebody, im Rahmen der Hommage an Kameramann Ed Lachmann, und Only The Strong Survive von D. A. Pennebaker, der etwa mit der Bob-Dylan-Doku Don't Look Back bekannt wurde, und Chris Hegedus. Say Amen, Somebody porträtiert die Gospellegenden Thomas A. Dorsey und Willie Mae Ford Smith, die zur Entstehungszeit dieses Films von George T. Niernberg, 1982, bereits 83 und 79 Jahre alt waren. Dorsey etablierte den Überbegriff Gospel für jenes Liedgut, das zuvor "Spiritual" oder "Field Hymn" genannt wurde. Nierenberg gelingt es im Laufe des Films anhand der miteinander verschmelzenden Biografien von Dorsey und Ford Smith die Bedeutung der Kirche im afroamerikanischen Leben heraus zu arbeiten. Zudem verdeutlichte er anhand der gezeigten "Ceremonies" und "Conventions" die Lebensfreude, die ihre Besucher aus der Musik beziehen - Dorsey: "Gospel is good news." Die gezeigte Wirkung gibt ihm recht: Von Gefühlen überwältigte Kirchgeher, die in Tränen ausbrechen. Pianisten, die ihr Publikum zur Verzückung führen und immer wieder Sängerinnen und Chöre, deren Stimmen schlichtweg atemberaubend sind. Lachmanns Kameraarbeit vermittelt das Gefühl, als wäre der Betrachter unmittelbar in die jeweiligen Szenen involviert, ohne dass der Eindruck entsteht, die Gezeigten wären von der Kamera je irritiert. Pennebaker, der sich der Baby-Seite, dem Soul widmet, begab sich 1999 in den amerikanischen Süden auf Spurensuche nach Größen der Soul-Ära. In Memphis traf er Künstler des legendären Stax-Labels wie William Bell, Rufus Thomas und seine Tochter Carla, Isaac Hayes oder auch Wilson Pickett. Only The Strong Survive zeigt eine von der medialen Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Kultur. Eine Künstlergeneration, die, weil schwarz, ohnehin immer (medial) diskriminiert, zusammen mit ihrem treuen Publikum älter wird. Die Parallelen der Filme zeigen sich in der Reaktion des Publikums, das die jeweilige Message, sei sie weltlich oder säkular, mit ungebrochener Euphorie aufnimmt. Wie sagt Willie Mae Ford Smith am Ende von Say Amen, Somebody : "I won't be through with my work until God takes my voice." Zwei berührende Werke. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2002)