Frankfurt/Main - Im Museum der tschechischen Literatur in Prag sind mehr als 1.000 bisher unbekannte Briefe, Fotos und Manuskripte aus dem Nachlass des Schriftstellers Heinrich Mann entdeckt worden. Dies teilte der S. Fischer Verlag am Montag in Frankfurt unter Berufung auf das Archiv der Berliner Akademie der Künste mit. Die Unterlagen stammen weitgehend aus den Jahren 1899 bis 1928 und galten eigentlich als verloren. In mehr als 15 Archivschachteln fanden sich den Angaben zufolge unter anderem etwa 1.200 an Heinrich Mann gerichtete Briefe, darunter von Henri Barbusse, Tilla Durieux, Erika Mann, Julia Mann, Thomas Mann, Erich Mühsam, Max Oppenheimer und Rene Schickele. Außerdem enthielten die Kartons Fotos, darunter von Manns Schwester Carla. Der Schriftsteller hatte die Bilder im amerikanischen Exil schmerzlich vermisst und im Oktober 1948 an seinen Bruder Viktor geschrieben: "Von Carla habe ich ... nur das Bildnis der Neunzehnjährigen. Gibt es denn keines aus ihrer Bühnenzeit? Alles was ich hatte, wird in Prag verloren sein ...." Mann hatte die jetzt gefundenen Unterlagen offenbar 1928 - nach der Trennung von seiner Familie und der Übersiedelung nach Berlin - in München zurückgelassen. Der Autor musste nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Februar 1933 emigrieren. Seine geschiedene Frau Maria, eine Jüdin, und Tochter Leonie gingen nach Prag und bemühten sich, die in München zurückgebliebenen Papiere aus Deutschland herauszubekommen. Dies gelang mit Hilfe der tschechischen Regierung: Heinrich Manns Manuskripte und Briefe wurden zunächst in der Prager Nationalbibliothek untergebracht. Nach der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen wurden die Dokumente in Kellern verschiedener Privathäuser versteckt und so gerettet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden sie der Familie Heinrich Manns übergeben. Bei dem jetzt aufgefundenen Bestand handelt es sich offensichtlich um in Prag zurückgebliebene Dokumente. Der Fischer Verlag kündigte an, einen Teil der Briefe als Anhang in die Ende November erscheinende neue Edition aufzunehmen, in der der Briefwechsel zwischen Heinrich Mann und dem Germanisten Felix Bertaux veröffentlicht wird. (APA)