Seit je bekannte sich der aus der Schuhstadt Vigevano gebürtige Designer zum Minimalismus. "Miuccia Prada hat nie echten Minimalismus entworfen, sondern versuchte, mehrere Stile zu mischen, darunter auch den minimalistischen Stil", sagte der Designer im Gespräch mit dem STANDARD. Als einzigen wahren Minimalisten im italienischen Modeszenario lässt Pollini nur Gior- gio Armani gelten.

Foto: Pollini

Qualität zählt zu seinen Grundprinzipien. Und auf Qualität will er unter keinen Umständen verzichten. Auch wenn die Arbeitskosten bei ihm inzwischen 50 Prozent der Produktionskosten ausmachen. Bereits mit elf Jahren begann Armando Pollini Schuhe zu fertigen. Mit 16 Jahren verließ er die Schuhstadt Vigevano, wo er das Handwerk von der Pike auf gelernt hatte. Denn das lombardische Renaissance-Städtchen wurde ihm zu eng. Als "Aussteiger par excellence", aber auch nach guter alter Handwerkstradition, wollte er Erfahrung im Ausland sammeln. Und seinen Traum durchsetzen, "den Fuß der Welt zu uniformieren".

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Er war sich bewusst, dass "jede Rasse" (auch wenn es Rassen im herkömmlichen Sinn nicht gibt, so Pollini) ihren eigenen Fuß hat. Und dafür wollte er einen gemeinsamen Nenner finden. Er suchte Erfahrungen in Paris und im Swinging London der sechziger Jahre, in Tokyo konnte er sich in den siebziger Jahren - ohne ein Wort Englisch zu sprechen - "nur auf der Schuhbasis" durchschlagen.

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Wieder nach Vigevano zurückgekehrt, setzte Pollini seinen Traum um. Als Erster begann er so genannte Elastik-Schuhe, flexible Modelle aus Stretch-Material, zu entwerfen. Die bieg- und schmiegsame "Ballerina", sein bunter Rock'n'Roll-Schuh, wurde zum Welterfolg. Modelle des "King of Elast", wie ihn die amerikanische Modepresse inzwischen nannte, wurden im New Yorker Modemuseum als zeitgenössische Kunst ausgestellt.

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Der Designer ist auf der ständigen Suche nach Neuem. Inspiriert wird er dabei auch von der Straßenmode. So hat er seine eigenen Boutiquen in Städten und Straßen, wo seiner Meinung nach Kreatives entsteht und anerkannt wird. "Mein Drama ist, dass ich aus meiner Intuition heraus Geschäfte eröffne, vor allem in jenen Städten, die mir gefallen, die mich inspirieren." Etwa in Antwerpen. Dort hat er eine "alte griechische Pizzeria" in seine Boutique umgewandelt. Inzwischen haben dort auch Hermès und Armani "in unmittelbarer Nähe" ihre Monomarken-Edelshops eröffnet.

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In Paris ist er bereits präsent und plant, dort noch eine zweite Boutique zu eröffnen. Zehn Geschäfte sollen im Zeitraum von 2003 bis 2005 weltweit entstehen. Als Standorte hat er New York und London, Moskau, Berlin und Barcelona ausgewählt. In Österreich liebäugelt er mit Salzburg, Europas Musikstadt schlechthin. "In Wien habe ich zahlreiche Geschäftspartner, da würde ich durch einen eigenen Store den Markt stören", begründete er seine Wahl.

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Von der Multimarkenstrategie der großen Luxuswarenhersteller hält er nicht viel. Seiner Meinung nach geht der Zukunftstrend wieder zu Monomarken. Die Schwierigkeiten der Modeindustrie sieht er nicht nur in einer, nach den Terroranschlägen von New York deutlichen Umschichtung des Verbraucherverhaltens. Die Modeindustrie sei in den vergangenen Jahren zu rasant gewachsen. "Es war für die Markenfirmen zu einfach", kommentiert er die gegenwärtige Flaute am Luxuswarensektor und bestätigt, dass die Preise sinken müssen.

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Einen "New Look" gibt es seiner Ansicht heute nicht. Es herrsche zu große Konfusion, meinte der "maestro", wie er in Vigevano auch genannt wird. Problem sei nicht nur der Mangel an Ideen, sondern auch der Mangel an Fachkräften, um originelle Ideen umzusetzen. Er ist überzeugt, dass bis zum Jahr 2004, wenn sich der Modesektor konsolidiert habe, wieder neue Trends entstehen.

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Italien müsse sich bemühen, die Hegemoniestellung im Modebereich zu halten. Die Konkurrenz werde immer schärfer. Als aufkommendes Modeland nennt Pollini Spanien. Er selbst plant mit Hilfe des Schuhherstellerverbands ANCI (dessen Vizepräsident er ist), eine Designerschule in Vigevano zu eröffnen. "Nur wenn wir gute Schulen haben, können wir auch gute Mode machen", kritisierte er den Mangel an Modefachschulen in Italien.

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Natürlich würde Pollini dann an der Schule Design unterrichten. Günstige Absatzchancen sieht der Avantgardist vor allem in den mittel-und osteuropäischen Ländern, "die unsere Kultur und unser Modeempfinden haben". (DerStandard/rondo/Thesy Kness-Bastaroli/8/11/02)

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