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Der Grüne Spitzenkandidat Alexander Van der Bellen und der FPÖ-Spitzenkandidat Herbert Haupt bestritten das TV-Duell vom Dienstag Abend. Die Debatte war von der Diskussion über den fliegenden Wechsel des FP-Finanzministers Karl-Heinz Grasser überschattet. Laut Neo-FP-Obmann Herbert Haupt stellt dieser kein Hindernis für eine Neuauflage der Schwarz-Blauen Koalition dar. Weiters wurde über die Beschaffung der Abfangjäger, das österreichische Bundesheer und die Liberalisierung weicher Drogen diskutiert. Grasser-Schwerpunkt Trotz Kritik am jeweiligen politischen Gegner verlief das fünfte TV-Duell zwischen dem interimistischen FPÖ-Obmann Herbert Haupt und dem Grünen Bundessprecher Alexander Van der Bellen eher verhalten. Neue Erkenntnisse gab es praktisch keine. Der jüngst erfolgte "Paukenschlag" von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der das Angebot von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) annahm, als parteiloser Ressortchef weiter zu arbeiten, war einer der Schwerpunkte der Debatte. Es werde keinen Parteiausschluss für Grasser geben, man werde der ÖVP nicht den Gefallen einer "Drohgebärde" machen, so Haupt. Van der Bellen bezeichnete die Bilanz des Finanzministers als "nicht gerade rosig" und schloss eine schwarz-grüne Koalition unter Einbeziehung Grassers aus. Kontroversiell war die Diskussion vor allem bei den Themen Drogenpolitik, Antisemitismus und Abfangjäger. Zum Grasser-Abgang sagte Haupt, dies sei aus "rein wahltaktischen Gründen" von Schüssel erfolgt, um im "blauen Wählerteich zu fischen". Jedenfalls "schäumt keiner in der FPÖ" deswegen. Er mache sich vielmehr "Sorgen, wie ein junger, talentierter Mensch" wie Grasser sich so die Zukunft verbauen könne. "Für mich ist das enttäuschend." Gleichzeitig ist für Haupt nicht ausgeschlossen, dass Schwarz-Blau mit Grasser möglich sein könnte, aber "das Fell des Bären" könne jetzt noch nicht verteilt werden. Grasser sei jedenfalls kein Hinderungsgrund. Die ganze Aktion sei aber in der Absicht erfolgt, ein "schwarz-rotes Stillstandskabinett" zu bilden, in dem Grasser vertreten sein sollte. Daneben habe es immer schon die Möglichkeit von Rot-Grün gegeben, er selbst trete für Schwarz-Blau ein und wolle "dafür sorgen, dass die FPÖ deutlich über 15 Prozent liegt". Van der Bellen versuchte, die Bilanz Grassers, der "fesch und redegewandt" sei, "nicht in so rosigem Licht" darzustellen, wie dies Schüssel getan habe. So sei Österreich beim Wirtschaftswachstum eines der Schlusslichter Europas, die Arbeitslosigkeit steige rasant und die Steuer- und Abgabenquote sei auf dem höchsten Stand in der Geschichte der zweiten Republik. Davon abgesehen sei die blau-schwarze Koalition mit Grasser für Studiengebühren verantwortlich und habe keinerlei ökologische Impulse in der Wirtschafts- und Finanzpolitik gesetzt. "In unseren Sympathiegewässern fischt Grasser garantiert nicht", aber "die ÖVP verbläut sich", so eine Wortschöpfung des Professors. Neuerlich unterstrich Van der Bellen, dass es Schwarz-Grün nicht geben werde, die Grünen würden zu Grasser aber in jedem Fall "klar Nein" sagen. Van der Bellen: "Grasser ist immer noch ein Freiheitlicher." Angst vor "Rot-Grün" und "Schwarz-Blau" Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zeigt sich über die Frage nach "Angst vor Rot-Grün" nicht beeindruckt. "Wenn ÖVP und FPÖ nichts anderes dazu einfällt, als zu versuchen, diese Angst den Leuten einzureden, dann kann ich nur sagen, viel Vergnügen. Schon im Wiener Wahlkampf hat man versucht, vollgepflastert mit Plakaten" hier vorzugehen. Der Erfolg sei gewesen, dass sowohl SPÖ als auch Grüne deutlich zulegen konnten. FPÖ-Obmann Herbert Haupt sprach eine "gleiche" Warnung sowohl vor Rot-Grün als auch vor Schwarz-Rot aus. "Das Zeug" In der Drogenproblematik versuchte Van der Bellen, die Situation zu entschärfen. Es stimme jedenfalls nicht, dass der Kleinkonsum von Haschzigaretten "oder wie das Zeug heißt" straffrei sei. Pro Jahr gebe es über 21.000 Anzeigen und viele Verurteilungen Jugendlicher. Van der Bellen präsentierte auch eine Broschüre des Sozialministeriums, in der deutlich bestritten werde, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei. Allerdings sei das ganze kein Wahlkampfthema, weil es zu komplex sei und bei den Menschen Angst auslöse. Man sollte sich nach den Wahlen mit Ärzten, Polizei und Fachleuten zusammensetzen und die Sache diskutieren. Viel gefährlichere Drogen seien jedenfalls Alkohol und Nikotin. Haupt meinte, es stimme, dass man mit dem Alkohol schon genug Probleme der legalen Sucht habe. Unter der Abstufung von Cannabis bis Heroin gebe es aber die illegale Sucht. Und er als Gesundheitsminister habe "null Interesse daran, dass die legale Sucht ausgeweitet wird". Er wundere sich aber, dass die Grünen eine Broschüre herausgeben, in der es die Anleitung gebe, wie man sich einen Joint drehe. Haupt verteidigt Haider gegen Antisemitismus-Vorwurf von Sichrovsky Beim Thema Antisemitismus kritisierte Van der Bellen die Wortwahl des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (F) mit "Pseudowitzen" über Ariel Muzicant und zuletzt Aussagen über Finanzminisiter Karl-Heinz Grasser, die vom FPÖ-Europaabgeordneten Peter Sichrovsky als antisemitischer Ausfall bezeichnet wurden. Außerdem stieß er sich an der jüngsten Irak-Reise von Haider. Zu dieser meinte Haupt, es sei ihm lieber, wenn jemand einen "Mosaikstein" für den Frieden setze. Was Sichrovsky betrifft, teile er dessen Kritik an Haider nicht. "Mir ist nicht aufgefallen, dass damit antisemitische Äußerungen verbunden sind". (Es handelte sich um den Vorwurf Haiders an Grasser, dieser wolle es sich mit der Ostküste nicht verscherzen und habe deswegen die Irak-Reise kritisiert). Sicherheit In der Sicherheitsfrage traten die Unterschiede zwischen Blau und Grün klar zu Tage. Van der Bellen bekräftigte, dass er sich ein Abgehen von der Wehrpflicht und die Schaffung eine "Freiwilligenarmee" vorstellen kann. Ein erstauntes "Nein" gab es vom Grünen-Chef auf die Frage von Haupt, ob die Grünen in einer Regierung ein gemeinsames Verteidigungs- und Innenministerium schaffen wollten. "Das ist völlig absurd. Das würden wir schon aus ganz bestimmten historischen Gründen niemals akzeptieren". Was die Abfangjäger betrifft, hielt Van der Bellen dem FPÖ-Chef vor, dass es innerhalb der Freiheitlichen keine klare Linie gebe und verwies auf unterschiedliche Positionen von Verteidigungsminister Herbert Scheibner und Haider. Haupt meinte, er habe in der Regierung für die Beschaffung der Abfangjäger gestimmt. Haider habe als Landeshauptmann Kompensationsgeschäfte verhandelt. Gleichzeitig stehe er zu den Knittelfelder Beschlüssen, in denen die Beschaffung der Abfangjäger zurückgestellt worden sei, um zu klären, ob die Luftraumüberwachung durch andere Flugzeuge möglich sei und ob es nicht kostengünstigere Angebote gebe. Einig waren sich Van der Bellen und Haupt darin, einer Aufstockung der Euratom-Mittel für Atomkraftwerke auf EU-Ebene nicht zuzustimmen. Der Grünen-Chef sprach sich dafür aus, Grasser für den Ecofin-Rat einen "Veto-Auftrag" mitzugeben. "Selbstverständlich und gerne", antwortete Haupt. Wirtschaft In Sachen Wirtschaftspolitik war man sich nur in so fern einig, dass beide für eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote eintraten. Van der Bellen warf dem FP-Obmann freilich vor, in den letzten drei Jahren diesbezüglich nichts unternommen zu haben. Transit Beim Transitverkehr vermisste Van der Bellen von Infrastrukturminister Mathias Reichhold (F) ein klares Auftreten für eine Obergrenze beim Lkw-Transit auf der Brennerroute. Er wollte von der FPÖ die Zusicherung, sich dafür einzusetzen, in der Mautpolitik die Rückverlagerung der Verantwortung von Brüssel auf nationale Ebene zu unterstützen. Haupt replizierte, die Nagelprobe werde sein, ob die Regierung "trotz der unbefriedigenden Situation im Transitverkehr" die Osterweiterung vertrete. Der Grünen-Chef wandte sich dagegen, die Transitfrage mit der Osterweiterung zu verknüpfen. (APA/red)