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SPÖ und ÖVP beim ersten Sondierungsgespräch

foto: reuters/prammer
Wien - Die erste Gesprächsrunde zwischen den Verhandlungsteams von ÖVP und SPÖ verlief wenig erquicklich - zumindest für die SPÖ. Die SPÖ-Teilnehmer, allen voran Vorsitzender Alfred Gusenbauer, beklagten die mangelnde Auskunftsbereitschaft der ÖVP, insbesondere was das Budget betrifft. Die zugesagte Informationspflicht bei den zuständigen Finanzbeamten sei darüber hinaus nicht eingehalten worden. Auf Nachfrage der SPÖ im Finanzministerium war nämlich keine Auskunft zu erhalten. Nach dreieinhalb Stunden hinter verschlossenen Türen im Kanzleramt stand am Ende wenig Substanzielles. Die Interpretationen über den matten Verlauf divergierten krass. Fest steht nur: Nach dem 15. Dezember soll weiter sonderiert werden. Gusenbauer zeigte sich enttäuscht, dass die ÖVP nicht den von ihm verlangten Kassasturz geliefert habe. Nur ein schlichtes Din-A-4-Blatt, auf dem die Prognose eines gesamtstaatlichen Defizits im Ausmaß von 1,3 Mrd. Euro des BIP notiert wurde. Die ÖVP habe sich verweigert und die SPÖ auf neue Konjunkturdaten der Wirtschaftsforscher, die für Mitte des Monates erwartet werden, vertröstet, kritisierte Gusenbauer. Wenige Minuten später präsentierte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel seine Version des Gesprächsverlaufes: "Es gab konstruktive Ansätze." Nicht die ÖVP, sondern die SPÖ habe die Daten der Wirtschaftsforscher verlangt. Die ÖVP habe sich daran gehalten und den Kassasturz geliefert. "Ein bissl Pflanzerei", konterte Klubchef Josef Cap. Warum ein Blatt Papier mit Titel "Kassasturz" ausreiche, erklärte Schüssel damit, dass die Sekundärliteratur ohnehin auch in den Parlamentsbüros der SPÖ vorhanden sei. Durch das Budget-Controlling sei die SPÖ überdies ausreichend informiert. Bundeskanzler Schüssel ließ abseits der atmosphärisch kühlen ersten Runde aber mit einem semantischen Signal aufhorchen. Was noch für einige weitere Irritation sorgen könnte. Schüssel sprach dezitiert und nachdrücklich von einer "ersten Verhandlungsrunde", wiewohl die SPÖ sich nur für eine Runde von "Sondierungs-Gesprächen" bereit erklärt hatte. Schüssel spielte die sprachliche Differenzierung herunter: "Ich akzeptiere, wenn es andere anders nennen." Er führe mit allen drei Parteien "Verhandlungen". SPÖ-Chef Gusenbauer schließt dies aber aus: "Die SPÖ wird für Parallelverhandlungen nicht zur Verfügung stehen. Das wird es von unserer Seite aus nicht geben", sagte Gusenbauer am Dienstag zum STANDARD. (Walter Müller/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.12.2002)