Vösendorf/Wien - Niemand weiß, wie er heißt, dafür hat er einen Gerichtstitel. Und das ist schlecht für den elfjährigen Cockerspaniel, der seit Februar im Wiener Tierschutzverein in Vösendorf untergebracht ist. Gerichtstitel bedeutet nämlich, dass ein Verfahren läuft. Dienstagfrüh erhielt der Hund Besuch vom Gerichtsvollzieher. Er sollte das Tier zwangsversteigern, doch der Tierschutzverein leistete wortreichen Widerstand."Ein Hund ist kein Fernseher, keine leblose Angelegenheit", empörte sich Herbert Pecher, der Leiter des Tierheimes. "Mir macht das auch keinen Spaß", versicherte Gerichtsvollzieher Christian Tromet vom Bezirksgericht Mödling. Doch ein eingeleitetes Verfahren könne nicht einfach so abgebrochen werden. Der eigentliche Auftrag kam vom Bezirksgericht Wien-Leopoldstadt und ist rechtlich gedeckt. Die Vorgeschichte: Vor zehn Monaten wurde im zweiten Wiener Gemeindebezirk ein Mieter delogiert. Die Wohnung musste aufgebrochen werden, drinnen befand sich der verwahrloste Spaniel. Die Einrichtung wurde abtransportiert, der Hund ins Heim nach Vösendorf gebracht. Da der verschuldete Mieter bis heute untergetaucht blieb, muss der Wohnungseigentümer, der die Delogierung betrieben hat, für das Tier aufkommen. Immerhin knapp elf Euro pro Tag. Der Tierschutzverein wiederum darf den Hund nicht weitervermitteln, weil dafür eine Verzichtserklärung des Besitzers notwendig wäre. Und der ist ja über alle Berge. Tiere mit Sachrecht Um die Kosten für die Delogierung und das Kostgeld für den Hund ersetzt zu bekommen, stellte der Wohnungsbesitzer schließlich Antrag auf Versteigerung der beschlagnahmten Gegenstände. Und ein Richter in der Leopoldstadt kam dabei auch auf den Hund - eine Praxis, die nur mehr wenige Gerichte durchziehen, und wenn, eher im Nutztierbereich. Im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch ist zwar festgehalten, dass "ein Tier keine Sache ist". Allerdings "ist auf Tiere das Sachrecht anzuwenden". Für den schwarzen Spaniel änderte sich Dienstag vorerst nichts, denn die Versteigerung wurde mangels Bietern abgeblasen. Damit geht der Fall zurück ans Bezirksgericht Wien-Leopoldstadt. Gerichtsvollzieher Tromet verabschiedete sich - "bis 17. Dezember!" Dann soll ein Aquarium mit rund zehn Fischen unter den Hammer kommen. "Es ist wirklich allerhöchste Zeit für ein Bundestierschutzgesetz", meint Johanna Wurm vom Tierschutzverein. (Michael Simoner, DER STANDARD, Printausgabe 4.12.2002)