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Wien - Noch heute zählt Alma Seidler (1899 - 1977) zu den
größten Schauspielerinnen, die das Wiener Burgtheater hervorgebracht
hat. So oft wie sie haben wenige die Bühne des Hauses am Ring
betreten. Über zehntausendmal war die Mimin in Boulevardstücken und
Klassikern zu sehen. Ihr zu Ehren wurde 1978 der Alma Seidler-Ring
von der Bundesregierung gestiftet, den Paula Wessely als erste trug.
Seidler starb am 8. Dezember 1977 in Wien.
Biographisches
Alma Seidler wurde am 8. Juni 1899 in Leoben geboren. Ihr musisch
begabter Vater schrieb Theaterstücke, ehe man ihn zum letzten
Ministerpräsidenten der Monarchie berief. Der spätere
Burgtheaterdirektor Albert Heine war ihr Lehrer und Förderer.
Engagiert wurde die junge Schauspielerin noch an das Hofburgtheater,
ihr eigentliches Debüt in Ibsens "Wildente" gab sie 1919, als es zwar
keinen Hof, aber nach wie vor ein Burgtheater gab.
Grundlage ihres Erfolges
Es folgte die Franziska in Lessings "Minna von Barnhelm" an der
Seite von Raoul Aslan. Mit dieser Rolle legte sie den Grundstein
ihres Erfolges, denn die Kritiker erlagen fortan besonders der
Modulationsfähigkeit ihrer Stimme. "Sie ist unwiderstehlich in dem
virtuosen Spiel der sprachlichen Nuancen, sie zirpt, sie gickst,
grollt, hustet, räuspert, klagt im Alt, donnert im Baß und tremoliert
in Zwischentönen, die nur sie im Repertoire hat", schrieb etwa die
"Arbeiter Zeitung".
Mit ihrer Komik riss die zierliche Erscheinung, die als eher scheu
und bescheiden galt, das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Als
Susi Sachs brillierte sie in Ladislaus Fodors Lustspiel "Arm wie eine
Kirchenmaus"; in dieser Rolle war sie an die 250 mal zu sehen. "Es
gibt schlechte, brauchbare, gute, sehr gute, hervorragende und
außergewöhnliche Schauspielerinnen, und es gibt die Alma Seidler. Sie
ist begnadet", lautete das Urteil des Schriftstellers und
Theaterkritikers Hans Weigel.
Weitere Rollen
Seidler war auch die Kathi im "Zerrissenen" von Nestroy, und gab
ein umjubeltes "Käthchen von Heilbronn". In Molnars "Zuckerbäckerin"
spielte sie die Ilona. Der Dramatiker Gerhart Hauptmann bewunderte
die Schauspielerin als seine "Pippa" in Wien. Nach nur zehn Jahren am
Burgtheater wurde Seidler 1928 "Kammerschauspielerin", die
Kainz-Medaille und zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten.
Großer Jubel war ihr auch beim Salzburger Festspielpublikum
sicher, und häufig gastierte sie im Ausland. Seidlers Treue galt
jedoch zeitlebens dem Burgtheater. Als ihr Mann, der Schauspieler
Karl Eidlitz, 1938 ins Schweizer Exil ging, blieb Alma in Wien.
Während der Kriegsjahre stand sie als Kaiserin Maria Theresia in
"Brillanten aus Wien"auf der Bühne. Auch die Klassiker hatte die
Künstlerin im Repertoire. So war sie die Marie in Goethes "Clavigo",
und später spielte sie mit Curd Jürgens als Partner "Stella".
Wenige Tage vor ihrem Tod am 8. Dezember 1977 in Wien stand sie
als Frau Tancred in Sean O' Caseys Tragödie "Juno und der Pfau" zum
letzten Mal auf der Bühne des Burgtheaters. Ihre Partnerin war an
jenem Abend Paula Wessely, die spätere erste Trägerin des
Alma-Seidler-Rings, den die österreichische Bundesregierung 1978 ihr
zu Ehren gestiftet hatte. Nach Wessely erhielt Annemarie Düringer den
Ring. Die letzte Ruhestätte Seidlers ist ein Ehrengrab am Wiener
Zentralfriedhof. (APA)