Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer lehnt in Sachen Benes-Dekrete ein Veto gegen einen EU-Beitritt Tschechiens ab. "Für mich persönlich sind die Dekrete nicht haltbar, es gibt Grundwerte, die unverzichtbar sind", so Böhmdorfer in der "Presse". Gleichzeitig betont er aber, die Veto-Diskussion für "höchst unglücklich" zu halten. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass man jetzt die Abschaffung nicht durchsetzen könne, weil die FPÖ zu schwach sei, "das ist Realität".

Im Besonderen wendet sich Böhmdorfer gegen die "heimtückische Diskussion", nämlich "die Unterstellung, dass man gegen Europa ist, wenn man für die Grundwerte eintritt". Die Forderung nach Abschaffung der Benes-Dekrete sei vielmehr ein Ausdruck der Europapolitik. Böhmdorfer: "Das Bekenntnis der FPÖ zu einem Europa, in dem Grundwerte außer Streit stehen."

Abgeordneter Harald Ofner sieht bei dieser Materie vor allem einen Haken: "Die Latte war von Anfang an zu hoch gelegt", sagt er mit Hinweis auf die FP-Vetopolitik der vergangenen Jahre. Dass die Dekrete noch existieren, sei "ein Skandal", sie seien einfach ein Unrecht. Er selbst habe vor fünf Jahren das Thema in die politische Diskussion gebracht. Wenn man aber jetzt "die Dinge so kompromisslos sieht", nehme man sich die Möglichkeit der Mitwirkung. Man könne sich nämlich als Regierungspartei mehr Gehör verschaffen und auch - ohne Vetokeule - mehr erreichen.

Scheibner und Schweitzer halten an Abschaffung fest

Ähnlich wie Böhmdorfer und Ofner hatte zuletzt der Abgeordnete Martin Graf argumentiert. Verteidigungsminister Herbert Scheibner und Klubchef Karl Schweitzer hingegen haben das Festhalten an der Abschaffung der Dekrete betont. Schweitzer etwa sagte, wenn Tschechien in die EU aufgenommen werden wolle, müsse es in der Lage sein, dieses Unrecht außer Kraft zu setzen. Scheibner sagte, dies sei eine "selbstverständliche Forderung", aber "keine Veto-Drohung".

Der freiheitliche Spitzenkandidat für die NÖ. Landtagswahlen, Franz Marchat, plädiert für eine kompromisslose Linie: "Mit den Unrechts-Dekreten kann es keinen EU-Beitritt der Tschechen geben. Ich werde das auch vor einer etwaigen Regierungsbeteiligung in den Bundesgremien klar sagen. Für mich gibt es hier keinen Zentimeter Spielraum." Marchat fordert weiter die Aufhebung der Dekrete: "Der symbolische Akt einer Entschuldigung ist mir persönlich zu wenig."(APA)