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Bei den Straßenschlachten am Rande des EU-Gipfels von Göteborg im Juni 2001 hatten Polizeibeamte einen jungen Schweden durch einen Pistolenschuss lebensgefährlich verletzt.

Foto: APA/ dpa/ Anja Niedringhaus

Kopenhagen/Wien - Mit Schrecken denken EU-Politiker wohl noch an die Krawalle, wie sie der Europäische Rat im schwedischen Göteborg im Juni 2001 erlebt hat. Umso ausgeprägter sind seit Monaten Befürchtungen, dass militante Globalisierungsgegner und Autonome ein solches Szenario beim EU-Gipfel in Kopenhagen Ende der Woche wiederholen könnten. Doch das große "Gewitter" dürfte diesmal ausbleiben, spekulieren dänische Medien im Vorfeld des Erweiterungsgipfel, der allein durch seine politische Agenda bereits genug Probleme zu lösen hat.

"Allein die Mathematik ist ein gutes Argument" dafür, dass Ausschreitungen a la Göteborg diesmal wohl keine Neuauflage erfahren werden, schreibt die dänische Nachrichtenagentur Ritzau. 6.000 Polizisten wurden in die Hauptstadt abkommandiert, um das Umfeld für den Gipfel abzusichern, der durch den Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit zehn künftigen EU-Mitgliedern in die Geschichte eingehen soll. Das entspricht 60 Prozent der gesamten Polizeistärke Dänemarks und wird somit der größte Polizeieinsatz, den das Land je erlebt hat.

Bis zu 20.000 Demonstranten erwartet

Rein zahlenmäßig bleibt ein Ungleichgewicht bestehen: Zwischen 15.000 und 20.000 Demonstranten werden in Kopenhagen erwartet. Die meisten von ihnen beteuern ihre friedlichen Absichten; zahlreiche Gruppen haben sich im Vorfeld des Gipfels auch von Gewaltaktionen distanziert. Die Polizei rechnet dennoch mit einem "harten Kern" von rund 2.000 potenziellen Randalierern.

Die dänische Autonomen-Organisation "Globale Wurzeln" will zum Gipfelauftakt am Donnerstagabend Hunderte von Aktivisten zu einem "Rollenspiel" nach der Vorlage des Romans "Herr der Ringe" versammeln, um in der ganzen Stadt einen symbolischen Kampf zwischen Gut und Böse zu inszenieren. Die Regie ist klar: Während die versammelten europäischen Staats- und Regierungschefs die "Kräfte der Finsternis" repräsentieren, verstehen sich die Aktivisten als "die Guten", die aber auch zu "Ungehorsam" bereit sind. Der zweite Akt des "Spiels" ist dann für Freitag geplant. Dabei wollen die Aktivisten so weit wie möglich zum Konferenzort "Bella Center" vordringen - einer Messehalle in der Einöde zwischen Altstadt und Flughafen.

Zuckerbrot und Peitsche

"Wir wollen schon in der Nähe des Bella Center ungehörig sein", kündigte der Sprecher der Bewegung, Nicolaj Heltoft, an. "Konfrontation an sich ist für uns nichts Negatives. In dem Augenblick, in dem wir uns niedersetzen und man uns entfernen soll, gibt es einen Konflikt. Und daran sind wir auch interessiert."

Doch soweit soll es gar nicht erst kommen. Mit Zuckerbrot und Peitsche will offenbar die Polizei die Demonstranten in Schach halten. "Das Risiko (einer Konfrontation) besteht, und deshalb ist es wichtig, dass beide - wir und die Demonstranten - im Gleichgewicht bleiben, damit die Sache nicht auf die Spitze getrieben wird", sagte Polizei-Chefinspektor Kai Vittrup der Tageszeitung "Berlingske Tidende". "Wenn man durch die Polizeiabsperrungen drängt oder maskiert ist, hört sich die Geduld auf." Im selben Atemzug verspricht der Polizeichef, die Demonstranten an der "langen Leine" lassen zu wollen. So sollen etwa Straßenblockaden mitunter gar nicht erst aufgelöst werden. Stattdessen will die Polizei für alternative Routen sorgen. (APA)