EU
"Kopenhagener Kriterien" definierten 1993 Bedingungen für den Beitritt
Kopenhagen hat für die EU-Erweiterung Symbolcharakter
Wien - "Von Kopenhagen nach Kopenhagen" ist dieser Tage ein
viel strapazierter Ausdruck in den EU-Hauptstädten. Denn für die
EU-Erweiterung hat die Stadt durchaus Symbolcharakter. Durch den
Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit zehn Kandidatenländern soll
sich am 13. Dezember beim EU-Gipfel in der dänischen Hauptstadt ein
Zyklus schließen, der ebendort vor fast zehn Jahren seinen Anfang
nahm."Kopenhagener Kriterien"
Bei ihrem Gipfel im Juni 1993 beschlossen die EU-Staats- und
Regierungschefs in Kopenhagen nämlich jene Kriterien, welche die
Kandidaten als Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der
Europäischen Union erfüllen müssen. Als "Kopenhagener Kriterien"
gingen diese Mindestanforderungen in den EU-Jargon ein. Obwohl sie
ursprünglich als Bedingung für die Mitgliedschaft genannt wurden, zog
man sie später als Voraussetzung für die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen heran. Auch gab es Sonderbedingungen für die
Aufnahme von Verhandlungen, etwa die Schließung des AKW Kosloduj für
Bulgarien.
"Institutionelle Stabilität
Die EU-Chefs beschlossen 1993, dass "die assoziierten mittel- und
osteuropäischen Länder, die dies wünschen, Mitglieder der
Europäischen Union werden können." Die politischen Kriterien für die
Aufnahme in den exklusiven EU-Club verlangten eine "institutionelle
Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche
Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte und die Achtung und den
Schutz von Minderheiten".
Diese Bedingungen wurden seit Inkrafttreten des EU-Vertrags von
Amsterdam 1999 als Grundsätze der Europäischen Union verankert. Sie
sind auch in der EU-Grundrechtscharta hervorgehoben, die im Jahr 2000
beim EU-Gipfel von Nizza proklamiert wurde.
"Funktionsfähige Marktwirtschaft"
Als wirtschaftliches Kriterium wurde in Kopenhagen
festgeschrieben, dass die Kandidaten eine "funktionsfähige
Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den
Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten", aufweisen müssen.
Schließlich sollten die Kandidaten auch in der Lage sein, den
EU-Rechtsbestand (Acquis communautaire) zu erfüllen.
Als letztes der zehn Kandidatenländer, die nunmehr die
Beitrittsverhandlungen mit der EU abschließen sollen, erfüllte die
Slowakei die politischen Voraussetzungen von Kopenhagen. In den Augen
der EU galt der autoritär regierende Ministerpräsident Vladimir
Meciar sowie Mängel im Demokratisierungsprozess und im
Minderheitenschutz bis dahin als Beitrittshemmnis. Meciar wurde 1998
abgewählt, im Dezember 1999 (Gipfel von Helsinki) beschloss die EU
mit der Slowakei wie auch mit Rumänien, Bulgarien, Lettland, Litauen
und Malta Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.
Auch Trükei muß Kopenhagener Kriterien erfüllen
In regelmäßigen "Fortschrittsberichten" hat die EU-Kommission
seit 1997 das Vorankommen der Kandidatenländer in Hinblick auf die
Erfüllung der "Kopenhagener Kriterien" bewertet. Die Bestimmungen
gelten für jeden Bewerberstaat gleichermaßen (und somit auch für die
Türkei), wenngleich jedes Land den Weg zum Beitritt nach seinem
eigenen Tempo beschreiten kann. Als Automatismus für einen
EU-Beitritt wurden die Kriterien von der Union nie verstanden. Die EU
hat immer betont, dass die Aufnahme neuer Mitglieder auch davon
abhängt, inwieweit sie intern zu einer Erweiterung in der Lage ist.
Beim Gipfel von Helsinki von 1999 hat die EU festgehalten, dass
mit der Türkei erst Beitrittsverhandlungen geführt werden, wenn das
Land die Kopenhagener Kriterien erfüllt. Gleichzeitig wurde die
Türkei bei dem Gipfel offiziell als Beitrittskandidat anerkannt.
Trotz zahlreicher Reformschritte räumt auch der neue türkische
Regierungschef Abdullah Gül ein, dass die Türkei die Kopenhagener
Kriterien bisher nicht erfüllt. Dazu brauche das Land erst eine neue
Verfassung. Die Türkei wolle aber alles tun, um die Kriterien zu
erreichen, egal, wann man in die EU aufgenommen werde, verspricht die
Regierung in Ankara. (APA)