Beim Sonderparteitag der FPÖ hatte Ida Kremser, 54-jährige Gemeinderätin aus Kuchl, Kritik an der Parteispitze und an Jörg Haider geübt - und war ausgebuht worden. Im Gespräch mit Michael Völker hofft sie auf eine positive Wendung.
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STANDARD: Sie waren eine der wenigen, die am Sonderparteitag offen Kritik geübt haben. Glauben Sie, hat es genützt? Kremser: Herbert Haupt hat gesagt, er will mit uns reden. Ich werde jetzt abwarten, ob das stimmt. Bisher war es nicht so, dass wir in den Gremien reden durften. Die haben die Gremien nur gesäubert. Es wurden nur noch die Angenehmen eingeladen und nicht die, die Kritik geäußert haben. Aber die Kritik gibt es ja, die soll man äußern. Ich finde das schäbig, dass gerade die freiheitliche Partei nicht mehr offen mit ihren Funktionären spricht. STANDARD: Und jetzt glauben Sie, dass alles besser wird? Kremser: Meine Hoffnung ist, dass es zu einem Gespräch mit Haupt kommt. Dem fühle ich mich verpflichtet. Auch im Zukunftsgremium, in dem Dieter Böhmdorfer sitzt, kann man sicher offen diskutieren. Das ist etwas Positives, dem will ich eine Chance geben. Wenn es nicht passt, werde ich mich wieder äußern. STANDARD: Wie ist die Partei bisher mit Ihnen verfahren? Kremser: Nachdem ich öffentlich Kritik geäußert habe, haben sie mir einen blauen Brief geschickt. Wenn ich mich noch einmal in der Öffentlichkeit äußere, droht mir der Ausschluss. Das kann doch nicht sein: Wenn wir uns entschuldigen, droht uns nichts, wenn wir uns weiter melden, werden wir ausgeschlossen. STANDARD: Lassen Sie sich einschüchtern? Kremser: Nein. Ich bin bekannt als Blaue in unserem Kuchl. Ich bin schon die dritte Periode Parteiobfrau und Gemeinderätin. Wir haben uns fleißig hinaufgehantelt. Natürlich war der Zuspruch von Jörg Haider ein Aufwind. Ich sag’ auch nicht, er hat alles schlecht gemacht. Aber so, wie es jetzt läuft, passt es nicht. Die haben immer gesagt, die Basis will das und das. Die wissen doch gar nicht, was die Basis will, wenn sie niemanden fragen und alle hörig sind. STANDARD: Was werfen Sie Haider vor? Kremser: Dass er Knittelfeld nicht verhindert hat. STANDARD: Ihre Kollegen in Salzburg scheinen aber eher auf Haider-Linie zu sein. Kremser: Viele sind auf dieser Linie. Aber kaum jemand hat offen gesagt, was ihn drückt. STANDARD: Warum? Kremser: Weil niemand eine Schneid hat. Ich hab’ eine Schneid. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.12.2002)