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Dänemarks Außenminister Per Stig Möller orchestriert den EU-Gipfel.

Foto: APA/ EPA/OLIVIER POLET

Was Per Stig Möller von Österreichs Bergen, Weinen oder Musikern hält, ist nicht weiter bekannt. Aus seiner Meinung über die Wiener Verhandlungstaktik im Vorfeld des Kopenhagener Gipfels aber machte der dänische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende am Dienstagabend kein Geheimnis: "Ist Österreich etwa ein Kandidatenland? Sie wollen ein bisschen mehr Ökopunkte, ein bisschen mehr Temelín, vielleicht ein bisschen mehr Geld", erklärte er mit belustigt-säuerlichem Gesichtsausdruck und löste damit bei den versammelten internationalen Journalisten schallendes Gelächter aus.

Echt Möller, denn offene Worte liegen dem 60-Jährigen mehr als diplomatische Floskeln. Der Sohn eines konservativen Finanzministers und einer Journalistin, die später ebenfalls ins Parlament ging, wuchs zwar mit Politik auf und brachte es bis zum Vorsitzenden konservativer Gymnasiasten und Studenten. Als Doktor der Literaturwissenschaften aber ließ er sich Bart und Haare wachsen, wurde Kulturjournalist, Lektor an der Pariser Sorbonne und schrieb Bücher über historische und philosophische Themen. Aus seinem konservativen Weltbild machte er nie ein Hehl, aber im Kampf für Menschenrechte erwies er sich auf keinem der Augen blind.

Erst mit 42 Jahren ging er als Parlamentsabgeordneter für die Konservative Volkspartei (KF) wieder in die Politik. 1990 machte ihn sein Parteichef und Premier, Poul Schlüter, zum Umweltminister, wo er sich rasch Respekt verschaffte. Nach dem Sturz der Regierung drei Jahre später wandte er sich der Außenpolitik zu. Ein Autounfall seines Parteichefs Hans Engell mit 1,37 Promille im Blut eröffnete Möller 1997 den Weg an die Spitze der Partei. Doch kurz nach seiner Kür wurde bekannt, dass der neue Chef drei Jahrzehnte zuvor 30 Tage wegen Alkohol am Steuer in Haft gesessen war. Diese Krise umschiffte Möller, doch gegen die Intrigen in der Partei erwies er sich mit seiner rechthaberischen und arroganten Art als hilflos und gab bald auf.

Als Außenminister im Kabinett des Liberalen Anders Fogh Rasmussen jedoch ist Möller seit einem Jahr in seinem Element. Als kritischer Freund der USA bekannt, führte er den Kampf an gegen die Versuche Washingtons, den neuen Internationalen Strafgerichtshof zu untergraben. Mehrmals engagierte er sich im politischen Minenfeld des Nahen Ostens. Und als Wladimir Putin nach dem Moskauer Geiseldrama die Dänen zur Absage eines Tschetschenen-Kongresses in Kopenhagen zwingen wollte, biss er bei Möller auf Granit.

Den EU-Gipfel sieht der seit zwei Jahren verwitwete Intellektuelle als historisches Ereignis zur "friedlichen Einigung Europas". Kein Wunder, dass ihn Wiener Sonderwünsche zur Weißglut treiben. (Eric Frey/DER STANDARD, Printausgabe, 12.12.2002)