Wien - Die Europäische Kommission geht nach den Worten der deutschen EU-Kommissarin Michaele Schreyer davon aus, dass es in Hinkunft im Rat bis auf wenige Ausnahmen keine Beschlüsse mehr geben soll, die Einstimmigkeit verlangen. "Einfache doppelte Mehrheiten (Mehrheit der Staaten plus Mehrheit der Bevölkerung) sollten dann für eine Beschlussfassung ausreichen", sagte Schreyer in einem Interview für die am Donnerstag erschienene Wiener Wochenzeitung "Die Furche". "Das heißt, dass es immer eine Koalition von großen und kleinen Staaten geben muss, nie die Großen allein die Richtung vorgeben können." Im EU-Konvent zeichne sich ganz klar ab, "dass wir mit der Erweiterung nicht in eine Blockadesituation kommen dürfen. Und das hat jetzt nichts mit den Staaten zu tun, die beitreten, sondern einfach mit der Zahl. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Staat Schwierigkeiten mit diesem oder jenem hat, ist einfach bei 25 EU-Mitgliedern um vieles größer als bei 15", so die Kommissarin. "Die Eigendynamik des Konvents war absolut nicht voraussehbar. Eigentlich ist das sehr typisch für den europäischen Einigungsprozess. Und wenn der Konvent es schafft, sich weitgehend zu einigen, dann kann das von niemandem mehr beiseite gelassen werden." Sie selbst gehöre zu jenen, die der Regel "ein Mitgliedstaat/ein Kommissar" sehr viel Sympathie entgegenbringen. "Damit nicht hinterher im Rat ein Staat sagen kann: Ach, da waren wir nun gar nicht daran beteiligt. Das birgt die Gefahr in sich, dass der Rat auf Kosten der Kommission gestärkt würde. Ob nun 20 oder 27 an einem Tisch sitzen - da sehe ich keinen großen Unterschied. Es würde ja auch keine Fraktion in einem Parlament sagen: Huch, jetzt sind wir zu groß geworden, was machen wir denn jetzt? Wenn man größer wird, muss man sich halt eine andere Struktur schaffen, die allen gleiche Rechte garantiert und trotzdem die Arbeitsfähigkeit erhält", betonte Schreyer. Für die Erweiterungskosten zahle Österreich den gleichen Prozentsatz seines Bruttosozialproduktes wie Portugal oder Griechenland oder Frankreich, gab die Kommissarin zu bedenken. "Außerdem sind wir bisher weit unter jenem Kostenrahmen geblieben, der bei der Finanzplanung für die Erweiterung vorgesehen war." (APA)