Budapest - Kopenhagen teilt die ungarischen Parteien. Während die sozialliberale Regierungskoalition die Vereinbarung auf dem EU-Gipfel von Kopenhagen als großen Erfolg feiert, übt die rechtskonservative Opposition vernichtende Kritik. Der frühere Ministerpräsident Viktor Orban erklärte am Dienstag im ungarischen Rundfunk erneut, die ungarische Verhandlungsdelegation habe im Vergleich zu Polen und Tschechien in Kopenhagen "nichts erreicht". Das Kabinett müsse daher "endlich" die Gesellschaft über die Folgen des EU-Beitritts aufklären.

Verletzung persönlicher Ambitionen?

Als Reaktion eines "missmutigen" Politikers, der das "EU-Beitrittsdokument nicht persönlich unterschreiben kann", wies Ministerpräsident Peter Medgyessy die Reaktion seines Amtsvorgängers zurück. In der Zeitung "Nepszava" von Dienstag vermutet Medgyessy hinter Orbans Kritik die "Verletzung persönlicher Ambitionen". Er vertraut darauf, dass sich die Zahl der Gegner des ungarischen EU-Beitritts nicht erhöhen und die Mehrheit beim Referendum im April 2003 für den Beitritt stimmen wird. Mit einer verstärkten Kampagne sollen den Bürgern die Vor- und Nachteile der EU-Mitgliedschaft aufgezeigt werden. Orban hingegen äußerte den Verdacht, dass die Zahl der EU-Befürworter in Wahrheit niedriger sei als allgemein behauptet wird.

Ex-Premier kritisiert schlechtes Abschneiden der ungarischen Verhandler

Die Aussagen Orbans über das schlechte Abschneiden der ungarischen Verhandler in Kopenhagen werden auch von mehreren Tageszeitungen untersucht und widerlegt. Die linksliberale "Nepszabadsag" weist dem ehemaligen Ministerpräsidenten eine falsche Darstellung der Vereinbarung über die Direktzahlungen für die Landwirtschaft nach. Während Orban behauptet, dass Ungarn das so genannte Phasing-in in das EU-System mit nur 25 Prozent der Förderhöhe beginnen dürfe, verschwieg er, dass dieser Betrag aus nationalen Mitteln nun auf 55 Prozent aufgestockt werden darf. Falsch sei auch seine Behauptung, dass Ungarn erst nach zehn Jahren in den Genuss von 100 Prozent Direktzahlungen kommen werde. Vereinbart wurden mit der EU nämlich sechs Jahre.

Die vereinbarten Produktionsquoten in der Landwirtschaft lägen zwar unter den Forderungen ungarischen Forderungen, räumte die Zeitung ein. Ihr Volumen entspräche aber der gegenwärtigen Agrarproduktion Ungarns. Bei der Milch wurde Ungarn sogar eine höhere Produktionsquote zugestanden. Auch auf einen weiteren Erfolg der Verhandler macht "Nepszabadsag" aufmerksam: Während die Regierung Orban eine siebenjährige Frist für den Kauf von Agrarland durch Ausländer akzeptiert hatte, konnte Medgyessy die Übergangsfrist auf zehn Jahre verlängern.(APA)