+++ PRO

von Markus Mittringer

Angefangen hat alles mit einem schneeweißen Saab 900, meinem ersten Auto. Warum ich den von Anfang an so verdammt lieb hatte, sollte sich in unserem ersten gemeinsamen Winter klären. Sein gewisses Etwas, die Wärme, die ich schon im Frühling unseres kribbelnden Seins im Schritt empfand, wenn ich ihn zu städtischem Verkehr animierte und auch über Land beflissen beiwohnte, trotzte nicht nur den Novembernebeln, sie hielt auch strengsten Frösten stand.

Eine Kurzschlusshandlung seinerseits zerstörte alles, brachte die schmutzige Wahrheit an einen grauen Jännertag: Ich war einer gemeinen Täuschung aufgesessen, hatte über Monate hinweg die Sitzheizung mit Liebe verwechselt. Das war hart. Schließlich bin ich aber doch darüber hinweggekommen. Auch wenn ich mich heute oft frage, warum gerade eine Familienkutsche ihren Herrenreiter so heimtückisch infertil hielt?

Zwei Wirtschaftskrisen später lege ich Wege nun wieder auf eigenen Beinen zurück. Als Winterbereifung habe ich hochschaftige CAT-Boots aufgezogen. Die sind zwar schwarz, im Auftritt aber ähnlich wuchtig wie mein Ex. Und weil ich ein sentimentaler Mensch bin, habe ich Thermosohlen installiert. Wegen der Familienplanung, und auch ob meiner tief empfundenen Abscheu gegenüber ungenießbaren Pilzkulturen, verkehrt 'rum. Und so stehe ich jetzt wintermorgens beim Bus im taufrischen Spotlight, während die Naturburschen ringsum unbeachtet anfrieren. Und im Sommer kann man derart gerüstet gut Brandzeichen in Rinder- und sonstige Ärsche treten.

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---CONTRA

von Gerhard Plott

Sie müssen sich jetzt nicht fürchten. Es ist nicht so, dass wir komplett unbarmherzig sind: Hie und da sehen wir über Petitessen still hinweg. Falls Sie gerade schlecht über Vorgesetzte gesprochen haben - wir haben Verständnis. Wenn Ihnen gerade etwas außerehelich Unzüchtiges durch den Kopf gegangen ist - kann passieren. Falls Sie ihre lachsrosa Zeitung am Sonntag besonders günstig erstanden haben sollten - kein Pro . . .. (Momenterl, der Herausgeber ruft gerade an.)

Also, damit das glasklar ist: Das mit der Sonntagszeitung, das ist doch wahrlich schamlos. Hier zeigt sich der unerhörte kulturelle Verfall - eine Gefahr, deren vielfältige Erscheinungsformen wir gnadenlos geißeln wollen und die oft auf leisen Sohlen daherschleicht, wobei eine dieser Sohlen zweifellos die gemeine Thermosohle ist.

Denn die Thermosohle hat schon fast das Zeug zur Terrorzelle, was sich allerdings erst zeigt, wenn die Schuhe ausgezogen werden. Dann drohen olfaktorische Attacken der Gefahrenklasse Großer Schweißfuß wegen künstlicher Hitzeentwicklung im Schuh (engl.: Bin-Laden-Boots), die ganze Räume entvölkern und die in ihrer Effektivität Gasangriffen gleichen. Vom epidemisch auftretenden verschärften Fußpilz in Folge reden wir gar nicht.

Aber bevor jetzt Panik ausbricht: Wir von der Liga gegen den kulturellen Verfall haben alles im Griff und organisieren schon den Widerstand.(DER STANDARD/rondo/20/12/02)