New York - Einen Tag nach der Vorstellung von sieben Design- Studien für ein neues World Trade Center auf dem Boden von Ground Zero hat die "New York Times" Zweifel an der Realisierbarkeit der Vorschläge geäußert. Die Entwürfe, darunter Arbeiten so renommierter Architekten wie Daniel Libeskind, Peter Eisenman und Norman Foster, hätten allesamt "wenig mit der Realität zu tun".

Finanzierung und Markt

Es sei recht wahrscheinlich, dass das, was eines fernen Tages tatsächlich am Ground Zero gebaut wird, kaum einem der mit großem Medienrummel vorgestellten Entwürfe entspricht. Die für die Bebauung zuständigen Behörden und Unternehmen würden zwar in den nächsten Monaten aus allen sieben Design-Vorschlägen unter Beachtung der Meinungsäußerungen aus der Bevölkerung einen Gestaltungsplan entwickeln. Jedoch seien Investoren, die eventuell eines Tages tatsächlich am Ground Zero bauen würden, an die Pläne nicht fest gebunden.

"Das hängt alles ab von der Finanzierung und vom Markt", räumte Joseph J. Seymour ein, Chef der Port Authority, der das Ground-Zero-Gelände gehört. "Ob da etwas genau so umgesetzt wird, wie es jetzt präsentiert wurde oder nicht, das kann niemand sagen."

Wunsch nach Skyline

Die hochfliegenden Träume der Architekten seien vor allem dazu angetan, schrieb die "New York Times", "den Wunsch der Öffentlichkeit nach einer wiederhergestellten Skyline zu befriedigen". In der wirklichen Welt entscheide die Nachfrage nach Bürofläche und die sei derzeit in New York wie anderswo sehr gering. So könnten noch Jahre vergehen, ehe mit dem Bau begonnen werde. Und jene Unternehmen, die eventuell Interesse haben in ein neues World Trade Center einzuziehen, würden die Gestaltung des Bauvorhabens stark beeinflussen.

Die Entwürfe, so "exotisch" sie auch immer sein mögen, zeigten auf, wie das Gedenken an die etwa 2.800 Opfer der terroristischen Zerstörung der WTC-Zwillingstürme mit neuen Bürotürmen, Museen, Shops und Wohnungen verbunden werden könnte. Das sei im Grunde alles, was die Design-Studien repräsentierten.

Feier des vertikalen Lebens

Herbert Muschamp, der Architektur-Kritiker der "New York Times", sieht in den Entwürfen vor allem eine "Feier des vertikalen Lebens". Ob tatsächlich realisiert oder nur vorgestellt, die hoch aufstrebenden Designs würden so oder so helfen, die Stadt lebendiger zu machen, schrieb er und erinnerte an einen Ausspruch des Designers Buckminster Fuller: "Vertikal heißt zu Leben, horizontal heißt zu sterben." Niemand wisse das besser als die New Yorker. "Wir kommen hierher, um das vertikale Leben zu leben."

Muschamp nannte den Entwurf des in Berlin ansässigen Star- Architekten Daniel Libeskind an erster Stelle. Er möchte einen 590 Meter hohen Turm errichten, dazu ein Museum und einen "Platz für Reflexionen", auf dem das Sonnenlicht jedes Jahr am Morgen des 11. September ohne Schatten einfallen soll. "Daniel Libeskinds Projekt erreicht eine perfekte Balance zwischen Aggression und Begehren", schrieb Muschamp, der allerdings auch für die anderen Entwürfe lobende Worte fand. (APA/dpa)