Belgrad - Filip Vujanovic ist ein viel beschäftigter Mann: Der Busenfreund von Ex-Präsident Milo Djukanovic amtiert gleichzeitig als Parlaments- und Ministerpräsident Montenegros und tritt zusätzlich am 22. Dezember als Kandidat der regierenden Koalition "Für ein europäisches Montenegro" bei den Präsidentschaftswahlen an.

Doch die geplante Rochade der zwei Freunde an der Spitze der kleinen Adriarepublik - Präsident Milo löst Ministerpräsident Filip ab und vice-versa - läuft nicht so glatt, wie man es sich erhofft hatte. In die Quere kam beiden eine junge Frau aus Moldavien, die behauptet, vom Vize-Staatsanwalt Zoran Piperovic zur Prostitution genötigt sowie physisch und psychisch misshandelt worden zu sein.

Djukanovic, dem das Mandat für die Bildung der neuen Regierung anvertraut worden ist, will nun den bisherigen Innenminster Andrija Jovicevic ablösen, weil dieser "ohne ihn zu benachrichtigen", Piperovic und andere Personen unter dem Verdacht "Prostitution organisiert und mit Frauen gehandelt zu haben", verhafteten ließ. Die "Sozialdemokratische Partei" (SDP), als kleinerer Koalitionspartner von Djukanovics "Demokratischer Partei der Sozialisten" (DPS), stemmen sich jedoch gegen die Entlassung. Jovicevic sei ein ausgezeichneter Innenminister, man werde die neue Regierung nicht unterstützen, falls ihn Djukanovic ablösen sollte.

Die Freude nach den erfolgreichen Parlamentswahlen im Oktober ist Djukanovic längst vergangen, die anfangs sichere Parlamentsmehrheit scheint gar nicht mehr so sicher zu sein. "Innenminister Jovicevic kennen wir seit Jahren als einen zuverlässigen Partner im Kampf gegen den Menschenhandel", erklärte in Podgorica die österreichische Ex-Frauenministerin Helga Konrad vom Stabilitätspakt für Südosteuropa. Es sei "milde gesagt ungewöhnlich", dass Djukanovic ihn ablösen wolle.

Während Djukanovic unerwartete Probleme bei der Regierungsbildung überwinden muss, ist sich Präsidentschaftskandidat Filip Vujanovic seiner Sache sicher und wird im zweiten Wahlgang wohl gewinnen. Interessanter für die MontenegrinerInnen ist aber, ob jemand aus den höchsten Kreisen wegen Anstiftung zur Prostitution verhaftet wird. (Andrej Ivanji, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.12. 2002)