Wien - Im Transitstreit zwischen Österreich und den EU-Partnerländern hat sich auch am Freitag keine Einigung abgezeichnet. Im Gegenteil: Nach einer Woche zäher Verhandlungen standen die Zeichen eher auf Sturm. Deutliche Worte fand am Freitag vor allem Italiens Verkehrsminister Pietro Lunardi: Im Transitbereich müssten EU und Alpenländer lernen, auf Italien zu hören. Seiner Ansicht nach werde man "kein Ökopunkte-Abkommen abschließen", sagte Lunardi in einem Zeitungsinterview.

Unterdessen liegt in Brüssel wieder einmal ein neuer Kompromissvorschlag der dänischen EU-Ratspräsidentschaft am Tisch. Diplomatische Verhandlungen, die ursprünglich für 15 Uhr angesetzt waren, fielen aber sprichwörtlich ins Wasser. EU-Diplomaten verwiesen auf Anfrage darauf, dass die Gespräche aufgenommen werden könnten, wenn die seit Tagen andauernden Fischereiverhandlungen abgeschlossen seien.

Diskutiert wird eine Verlängerung der Ökopunkte bis maximal 2006 für ganz Österreich. Die absolute Mengenbeschränkung (108-Prozent-Klausel) auf 1,61 Millionen Lkw soll fallen. Neue schadstoffarme Lkw, so genannte Euro-4-Lkw, sollen ab 2005 von der Ökopunkte-Pflicht ausgenommen werden. Im Gegenzug hat Österreich eine deutliche Reduktion des Ökopunkte-Kontingents verlangt.

Dänemark hatte bereits beim EU-Außenministertreffen wenige Tage vor dem Kopenhagener EU-Gipfel vorgeschlagen, die Ökopunkte 2004 auf 40, 2005 auf 39 und 2006 auf 38 Prozent des Ausgangswertes von 1991 zu verringern. Am Mittwoch hatte der dänische Ratsvorsitz dann im Sinne Österreichs nachgebessert und eine Reduktion auf 39 Prozent in 2005 und 35,5 Prozent für 2006 angeboten, die Italien jedoch umgehend abgelehnt hatte.

Geheime Kompromisse

Wie der neueste Kompromiss-Vorschlag der dänischen Ratspräsidentschaft aussieht, blieb am Freitag geheim. Über den Inhalt wurde striktes Stillschweigen vereinbart. Die Frage sei "zu heikel", sagte ein dänischer Diplomat. Dänemark halte die "Karten an die Brust", bestätigten EU-Ratskreise.

Auch Italien wollte den Kompromiss-Vorschlag am Freitag nicht kommentieren. Italienische Verhandler verwiesen allerdings auf eine Erklärung des römischen Verkehrsministeriums vom Mittwoch, in der das römische Ministerium jede weitere Absenkung der Zahl der Ökopunkte für Transit-Lkw unter das erste dänische Angebot als "nicht weiter verhandelbar" zurück gewiesen hatte.

Lunardi meinte am Freitag, Italien könne weitere Benachteiligungen seiner Unternehmen im Transitbereich nicht mehr akzeptieren. "Im Gegenteil, wir erwarten uns eine Prämie als Kompensation für die Benachteiligungen, die wir bis heute hinnehmen mussten", sagt der römische Verkehrsminister.

Nicht über den Kopf Italiens hinweg

Bei der EU-Kommission hieß es am Freitag, eine Lösung könne nicht über den Kopf Italiens weg von den übrigen EU-Partnern vereinbart werden. Auch Lunardi betonte, ein Abkommen ohne die Zustimmung von Österreich und Italien wäre "keine gesunde Lösung".

EU-Diplomaten spekulierten Freitagnachmittag, dass nur noch eine politische Lösung möglich sei, nachdem der tagelange Streit um technische Fragen wie die Prozentsätze zu keinem Ergebnis geführt hätte. Jetzt brauche es ein "Machtwort" der EU-Regierungschefs. Die EU-Länder stehen unter Zeitdruck, da die EU-Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen eine Lösung des Transitstreits noch vor Jahresende gefordert haben. Falls die Gespräche auf Diplomatenebene kein Ergebnis bringen, soll ein Treffen der Verkehrsminister am 31. Dezember in Brüssel angesetzt werden. (APA)