McALMONT & BUTLER
Bring it Back
(EMI)
Weil man mit Neigungen, die dem Vergessen zuarbeiten - nie wieder Alkohohol! -, schon einmal etwas übersehen kann, soll hier, bevor das Jahr endet, noch schnell nachgeholt werden, was bis lang nicht geschehen ist: eine kleine Würdigung des großen McAlmont & Butler Albums Bring It Back. Der ehemalige Gitarrist von Suede, Bernard Butler, beschreitet mit dem britischen Soul-Sänger David McAlmont die Wege der Motown-Schule unter besonderer Berücksichtigung der Sound-Stiftungen von Phil Spector: Bumm, Tschatscha, Bumm! Ohne süßlich zu werden - da ist die harte Gitarre strikt dagegen - schufen die beiden damit eines der vielleicht erhabensten Alben des vergangenen Jahres: vielschichtig, klassizistisch und vollkommen aus der Zeit. Kniefall.

NAPALM DEATH
Order Of The Leech
(Edel)
Napalm Death, die einst den Beweis angetreten haben, dass eine Metal-Nummer informationsmäßig locker auch in 60 Sekunden zu bewältigen ist, treten nach unzähligen Personalrochaden zwar schon auch etwas am Stand. Im Vergleich zu den Eiermalern des Nu-Metal ist das britische Kollektiv immer noch die reine Lehre: Brachialgewalt, die den Hörern, trotz spielerischen Raffinements schnörkellos, immer wieder neue Scheitel zieht. Katharsis, vollzogen mit der bespannten Axt.

THE ROOTS
Phrenology
(Universal)
Eine angenehme Ausnahme im Mainstream-Hip-Hop stellen The Roots aus Philadelphia dar: keine steifen Beats aus Fließband-Produktionswerkstätten sondern elegante, an den richtigen Stellen auch ausufernde Arrangements prägen Phrenology. Zwar gehen den Herrschaften im Laufe des Albums etwas die Ideen aus, und weniger Tracks wären mehr gewesen, die immer wieder aufblitzende Affinität zum 70er-Jahre-Soul ihrer Heimatstadt hinterlässt dann doch weitgehend Wohlwollen.

ESG
Step Off
(Hoanzl)
Mit Bass, Gitarre und einer sexy schiebenden Rhythmusabteilung schuf die Schwesternband ESG aus der New Yorker Bronx vor bald 25 Jahren einige Werke, die zu den meistgesampleten und HipHop betreffend einflussreichsten überhaupt zählen. Nach rund zehn Jahren veröffentlichen ESG nun ein neues Album, das nach wie vor auf die selben Zutaten vertraut. Das Ergebnis ist ein minimalistischer Funk, der sich stellenweise zu hermetisch gibt. Andererseits ist es erstaunlich, dass dieser Mikrokosmos bis heute ohne den Versuchungen des Produktions-Wahnsinns zu erliegen Originäres schafft - auch wenn man zugeben muss, dass ESG ohne ihre historischen Verdienste heute damit wohl kaum Beachtung finden würden.

DAVID HOLMES
Presents The Free Association
(13 Amp Recordings)
Der schottische Produzent David Holmes (u.a. stammen die Soundtracks von Out Of Sight und Ocean Eleven von ihm) hat sich eine Funk-Band angeschafft und lässt diese in der Tradition von George Clinton Deftiges tun. Stellenweise vermisst man die Einfühlsamkeit anderer Arbeiten Holmes', dafür zeigt sich The Free Association mit Dauer des Albums auch von ihrer weicheren, beseelteren Seite. Für Freunde von DJ Shadow ein unverzichtbarer Tonträger, der hierzulande jedoch ohne Vertrieb ist. Also: Plattenhändler quälen. Es lohnt sich.
(DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2002)