Wien - Der österreichische Künstler Walter Navratil ist gestern, Donnerstag (9.1.), 52-jährig einem Krebsleiden erlegen. Das bestätigte die Bawag Foundation in Wien am Freitag auf Anfrage der APA. Navratils Schaffen wird im Zusammenhang mit der von seinem Vater, dem Psychiater Leo Navratil, geförderten österreichischen "Art brut" gesehen. Trotz der "totalen Außenseiterrolle", wie er seine Stellung im Kunstbetrieb einmal beschrieb, zeugen Ausstellung im In- und Ausland vom Interesse an Navratils Gemälden.

Walter Navratil wurde am 24. 6. 1950 als Sohn des Psychiater-Ehepaars Erna und Leo Navratil in Klosterneuburg (NÖ) geboren. Er wuchs in der anstaltsinternen, elterlichen Dienstwohnung in Gugging auf und hatte so engen Kontakt zu den Künstler-Patienten des "Haus der Künstler", darunter Tschirtner und Walla. In den 70er Jahren begann er sein eigenes malerisches Werk. Navratil identifizierte sich mit der österreichischen "Art brut": "Ich spüre eine innere Verwandtschaft mit vielen Art-brut-Künstlern, obwohl das ikonologisch keine Auswirkung hat." Kritiker bezeichneten ihn als "das wohl erstaunlichste grotesk-schwermütige Talent, das die österreichische Nachkriegskunst aufzuweisen hat."

Sporadische Ausstellungen

Seine Arbeiten stellte Navratil nur sporadisch aus, u.a. bei den Schauen "Parallel Visions" (1992) im Los Angeles County Museum, in der Kunsthalle Basel, im Setagaya Museum Tokio und in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland Bonn. Nach beinahe zehnjähriger Distanz zum Wiener Ausstellungsbetrieb hatte Navratil 1998 eine Einzelausstellung in der Bawag Foundation Wien. Die "Einrichtung für ein kleines Leben", so der Titel eines 1982 geschaffenen Bildes, empfand der medienscheue Navratil als programmatisches Selbstporträt.

Navratil verweigerte sich zeitgenössischen Tendenzen und arbeitete vorwiegend mit traditionellen Bildgattungen wie Stillleben, Landschaft und Porträt, versehen mit irritierenden Momenten. Seine Bilder spiegeln eine geistige Welt wider, die die Wirklichkeit als uneinheitliches, rational undurchschaubares, fantastisches Konstrukt wahrnimmt. Immer wieder tauchen Elemente aus Archäologie, Ethnologie, naiver Kunst a la Rousseau und Orientbildern romantisch-kolonialistischer Machart auf. (APA)