... Und endlose Gratisgespräche zulassen. Geschichten über Menschenschlangen, die vor jenen Hüttchen entstehen, um von hier nach irgendwo zu telefonieren hatte er zwar immer wieder gehört, aber in den Bereich der urbanen Märchen verbannt: Nicht nur, weil B. selbst mangels häufigen Ferntelefonatbedarfes nicht daran interessiert war, zu erfahren, welche Zelle wo gerade nichts kostete, sondern auch, weil er in seinem doch recht großen Bekanntenkreis niemanden kannte, der jemals jemanden kennen gelernt hatte, der tatsächlich so einen Gratismünzfernsprecher benutzt hatte. Aber dann zog B. um.

Besser als billig

Das ist mittlerweile drei Jahre her. Und seither kann B. nur über die regelmäßig ins Haus flatternden Angebote diverser Mobilfunkbetreiber und Günstigwählnetzwerkanbieter lachen. Weil das von denen so blumig versprochene Privileg des Wenigzahlens immer noch erheblich mehr kosten würde, als das, was B. für den ganz normalen Anschluss in seiner Wohnung zahlt. Wieso das so ist, würde B. auch ganz gerne wissen - aber er weiß nicht, an wen er sich da wenden könnte.

B. zahlt nämlich genau gar nichts. Und zwar seit er eingezogen ist. Dass in der Wohnung - eigentlich drei zusammengelegten Substandardwohnungen - bei seinem Einzug eine Telefonsteckdose war und daran ein Telefon - eines dieser alten Dinge, die von der Post bei der Markteinführung euphemistisch "Komforttelefon" genannt wurden, obwohl der einzige Komfort war, dass sie funktionierten - wunderte ihn noch nicht. Dass das Ding brav tutete, schon eher: Die Wohnung war ein paar Jahre lang leer gestanden. Heute, drei Jahre später, telefoniert B. immer noch von seinem Wunderanschluss.

Warten auf die Zange

Am Anfang war B. zurückhaltend. Vor allem, weil er davon ausging, dass jeden Moment die Leitung abschnappen könnte oder der Telekom-Mann mit der großen Zange vor der Tür stehen würde. Aber nichts geschah. Mittlerweile telefoniert und surft B. ganz ungeniert. Hatte er anfangs noch Bedenken, Telekom-Dienste in Anspruch zu nehmen, hat sich das längst gründlich gelegt. Sogar Weckrufe und andere gebührenpflichtige Services bucht er fast regelmäßig. Einzig einen Anruf beim Kundendienst verkneift er sich immer noch - obwohl es ihn schon reizen würde, nachzufragen, wieso er nicht im Telefonbuch steht.

Kürzlich hat B. allerdings seinen Meister gefunden: Ein Bekannter aus Berlin erzählte, wie er eines Tages das Ausbleiben von Strom- und Telefonrechnungen bemerkt, und flugs ein - zwar günstiges, aber doch kostenpflichtiges - Energie- und Kommunikationsservice für die Umgebung aufgezogen habe. Sein größter Erfolg sei das Zur-Verfügung-Stellen seiner Dienste bei einem größeren, regionalen Straßenfest gewesen, bei dem seine eigentlichen Lieferanten als Sponsoren auftraten. Allerdings war das unmittelbar nach dem Fall der Mauer gewesen.

B. ist dadurch auf den Geschmack gekommen. Er überlegt ernsthaft, sich als kommerzieller "Phone-Home-Provider" bei der Auskunft und auf den gelben Seiten registrieren zu lassen.

NACHLESE

--> Spaß mit den Nachbarn
--> Drei Zentimeter
--> Noch ein Zimmer
--> Eleanor Rigby
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