Polyfilm
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Sonja Richter und Mads Mikkelsen

Foto: Polyfilm
Wien - Es ist schon fast eine stehende Wendung, wenn man von dänischen Produktionen berichten kann, dass ihnen im Entstehungsland großer Publikumserfolg beschieden war: Auch Open Hearts/Elsker dig for evigt von Susanne Bier, nach den Dogma-Regeln gedreht, war zu Hause ein Hit. Und während die Galionsfigur dieser Erfolgsgeschichte, Lars von Trier, längst an Dogville arbeitet und sich dafür angeblich an der Studioatmosphäre von Fernsehspielen der 70er-Jahre orientiert, ist die fürs Kino der 90er-Jahre so markante "Erneuerungsbewegung" also in ihre Konsolidierungsphase eingetreten.

Davon kündet, ähnlich wie zuletzt Lone Scherfigs Italienisch für Anfänger, nun auch Open Hearts, der sich inhaltlich weniger dramatisch gibt als viele Vorgänger. Die Kamera hat sich ebenfalls beruhigt, in grobkörnigen Zwischenschnitten werden nur die Sehnsüchte der Figuren auf die Leinwand projiziert, ansonsten wirkt Open Hearts angenehm beiläufig inszeniert.

Ein Unfall fungiert hier als Angelpunkt der Erzählung: Im einen Moment verabschiedet sich Joachim noch von seiner Freundin Cecilie und steigt aus dem Auto aus. Sekunden später liegt er in einer Blutlache, überfahren von Marie, die eben ihre Tochter Stine zur Schule bringen wollte. Das Ereignis wird die Leben aller Beteiligten verändern. Maries Mann Niels, Arzt im Krankenhaus, in dem auch Joachim behandelt wird, nimmt auf Wunsch seiner Frau Kontakt mit Cecilie auf und verliebt sich in die junge Frau.

Einige Charaktere und Konstellationen - Joachim, der nach dem Unfall vom Hals abwärts gelähmt im Krankenhaus aufwacht, seine Freundin zurückweist und seine Pflegerin schikaniert, oder auch das Verhältnis zwischen Cecilie und Niels - wirken wie schon öfter gesehene Erzählversatzstücke.

Am besten funktioniert Open Hearts - nach einem Drehbuch von Mifune-Koautor Anders Thomas Jensen - in seinen Beobachtungen des Familien- und Ehealltags von Niels und Marie. Oder in der Zeichnung der störrischen Teenagertochter Stine, die die heimliche Affäre ihres Vaters mit "dem Unglück" ahnt und verfolgt, lange bevor ihre Mutter beginnt, Fragen zu stellen.

Stine (Stine Bjerregaard) und Marie, dargestellt von Paprika Steen, die mit Rollen in Idioten , Das Fest und Mifune Dogma-Erfahrung vorzuweisen hat, sind auch die interessantesten Figuren. Und bei allen Einwänden gegen den Film macht ein Vergleich mit ähnlich gelagerten, aber schematischeren US-Filmen dann doch klar, weshalb das Publikum, nicht nur in Dänemark, im Zweifelsfall immer öfter Produktionen wie Open Hearts den Vorzug gibt. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.01.2003)