Wien - "Antisemitismus im linken Gewand" ortet das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) hinter der "Antiimperialistischen Koordination"(AIK). Aufgezeigt wird dies in einem von der "Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich" auf der Homepage des DÖW publizierten Dossier Fazit: Es seien "Gruppen wie die AIK", die "mit ihrer 'antizionistischen' Agitation den Antisemitismus schüren". Ihre Gefährlichkeit liege darin begründet, "dass sie im Unterschied zu Rechtsextremen dies jedoch in Abrede stellen und so bei Menschen Gehör finden, welche sich ansonsten solch einer Propaganda verschließen würden". Im "linken Mäntelchen" sei das Ressentiment von vielen nicht so rasch als solches zu erkennen.

Mit dem Wegfall des realsozialistischen Bezugrahmens und der Etablierung einer "Neuen Weltordnung" habe auch der Antiimperialismus neue Formen angenommen, heißt es in dem Dossier der überparteilichen, 1955 gegründeten "Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich", deren Präsidentin derzeit die Schauspielerin Elisabeth Orth ist (Ehrenpräsidentin: Erika Weinzierl, Vizepräsidenten: Wolfgang Neugebauer, Klaus Lohrmann). In Form des Antiamerikanismus ziele der Antiimperialismus nun auf die USA, als "Antizionismus" tobe er sich gegen Israel aus. Insgesamt sei im antiimperialistischen Weltbild alles gut und richtig, was dem Imperialismus schade. "Das geht sogar bis zur Legitimation von Terror und Solidarisierung mit islamistischen Mörderbanden", so die "Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich".

Vorwürfe an AIK und Revolutionär Kommunistische Liga

In Österreich werde die antiimperialistische Weltanschauung in ihrer reinsten Form getragen von der AIK und der eng mit dieser (personell wie inhaltlich) verbundenen Revolutionär Kommunistischen Liga (RKL). Letztere fordere immer wieder ein "arabisches Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer". Und für die RKL sei die gesamte "Al-Aqsa-Intifada", samt Selbstmordattentaten und antisemitischen Propagandakundgebungen, auf denen islamistische Imame und Funktionäre von Hamas, Jihad oder anderen Gruppen dazu aufrufen würden, Juden und Jüdinnen zu töten, "nichts geringeres als der Kampfschrei der übergroßen Mehrheit des palästinensischen Volkes, die nicht länger bereit ist, die zionistische Herrschaft und ihre täglichen Verbrechen unter dem Deckmantel des 'Friedensprozesses', zu akzeptieren" (Erklärung vom Mai 2001).

Die Weltanschauung von AIK und RKL würde sich auch in deren Reaktionen auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 offenbaren. Die AIK habe dazu etwa geschrieben: "Die gefährlichsten Terroristen sind jene, die die Fäden der Weltpolitik ziehen." Und die RKL habe in einer Stellungnahme vom 6. Oktober 2001 die Anschläge begrüßt und dann Ende Oktober sogar festgehalten: "Die islamistische Bewegung verfügt über ein antiimperialistisches Potential, das mit den Ereignissen vom 11. September noch weiter angewachsen ist. Wir müssen das gegen den Imperialismus gerichtete Moment bedingungslos unterstützen."

Offener Brief: Juden seien selbst schuld am Antisemitismus

Nachdem auch das Forum gegen Antisemitismus der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in einer Publikation auf den antisemitischen Charakter der Agitation von AIK und Gleichgesinnten hingewiesen habe, hätten die Betroffenen mit einem "Offenen Brief" an die IKG reagiert (datiert mit 5. Dezember 2001). Der Brief habe in der Behauptung gegipfelt, wonach die Juden und Jüdinnen selbst am Antisemitismus schuld seien: "Es ist zu befürchten, dass die Vorgangsweise Ihrer Publikation, anstatt Antisemitismus zu verhindern, im Gegenteil dazu beiträgt, die Herausbildung eines unbefangenen und vorurteilslosen Umgangs der österreichischen Bevölkerung mit dem Judentum und den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu erschweren, und zwar sowohl was das erstrebte gleichberechtigte und friedvolle Zusammenleben in der Gegenwart als auch was die Aufarbeitung der so schrecklichen Vergangenheit betrifft", wird aus dem Schreiben zitiert.

Jüngste Begebenheit: Eine Podiumsdiskussion am 12. Jänner im Afro-Asiatischen Institut zum Thema "Antizionismus gleich Antisemitismus?", die gemeinsam von AIK und Palästinensischer Gemeinde veranstaltet wurde. Die eingeladene Grüne Wiener Landtagsabgeordnete Susanne Jerusalem sagte kurzerhand wenige Tage vor der Veranstaltung ihre Teilnahme am Podium ab. "Ich recherchiere immer sehr genau. In diesem Fall kam unter dem Strich heraus, dass es so viele Vorbehalte gegen die Veranstalter gibt, dass ich meine Teilnahme abgesagt habe", betonte die Grüne Mandatarin am 10. Jänner. Die Vorbehalte seien deshalb so schwer, da ihr mitgeteilt worden sei, dass ein Vertreter der AIK dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen habe. Sie als Mitglied der Friedensbewegung glaube daran, dass eine Ko-Existenz beider Völker möglich und notwendig sei. Auch künftige Einladungen der AIK werde sie nicht annehmen.(APA)