Wien/Linz - Der Wiener Immundermatologe Reinhard Kirnbauer von der Universitäts-Hautklinik am AKH hat 1991/1992 in den USA jene Technik entwickelt, auf welcher der HPV-Impfstoff beruht, mit dem man 70 Prozent der Fälle von Gebärmutterhalskrebs verhindern könnte. Für ihn sind die derzeit in Österreich laufenden Diskussionen über die Vakzine unbegreiflich. "Es ist zu erwarten, dass auch junge Mädchen sterben", sagte er am Dienstag. Eine Erklärung könnte es mittlerweile für den Falle einer gemeldeten Multiple-Sklerose-ähnlichen Erkrankung zeitlichen Umfeld einer HPV-Impfung geben.

"Es gibt eine Meinung der Presse und es gibt eine Meinung der Österreichischen Krebshilfe. Alle anderen Meinungen sind anders. Eine Immunreaktion auf eine Impfung ist erwünscht. So funktionieren Impfungen. Diese Impfung führt zu einer ganz spezifischen Immunreaktion gegen die im Impfstoff enthaltenen Partikel", sagte Kirnbauer.

Der Experte erfand die Technik, biotechnologisch leere virusartige Partikel herzustellen, die dem Körper das Vorhandensein von HP-Viren vortäuscht, worauf der Immunsystem eine anhaltende Abwehrreaktion aufbaut. Die Partikel bestehen aus den hauptsächlichen Bestandteilen des Virus, ohne dessen Erbsubstanz zu enthalten. Solche leeren Virushüllen können auch bei der Vermehrung der echten Krankheitserreger als Fehlleistung entstehen. Kirnbauer ist Patentinhaber für die Technologie.

"Nur" ein Todesfall

Bezüglich des Todesfalls einer 19-jährigen Studentin im vergangenen Oktober drei Wochen nach einer HPV-Teilimmunisierung verwies der Dermatologe auf die guten Erfahrungen, die man mit Wirksamkeit und Verträglichkeit der Impfung bisher weltweit gemacht habe: "Bei sieben Millionen Frauen, die bisher gegen HPV geimpft wurden, hat man keine schweren Nebenwirkungen beobachtet. Es ist zu erwarten, dass auch junge Mädchen sterben. Man könnte nur einen Hinweis bekommen, wenn es unter den Geimpften mehr wären." Doch genau das hätte man nirgends beobachten können.

Nun wollen die ExpertInnen überprüfen, ob die Studentin eventuell an einem QS-Syndrom, einer sehr seltenen Herzerkrankung, gestorben wäre. Doch auch hier würde sich - so Kirnbauer - kein Zusammenhang mit der Impfung nachweisen lassen können.

Und ein Krankheitsfall

Laut Kirnbauer gibt es allerdings bereits eine mögliche Erklärung für den Fall einer Erkrankung eines 15-jährigen Mädchens an einer sogenannten Akuten disseminierten Enzephalomyelitis (ADE). Das ist eine Erkrankung ähnlich einer Multiplen Sklerose, die wieder ausheilt. "Bei dem Mädchen wurden IgM-Antikörper gegen das Masern-Virus festgestellt. Das NIH (nationale US-Gesundheitsinstitute in Bethesda/US-Bundesstaat Maryland) führt an, dass diese Erkrankung in einem geringen Ausmaß nach Masern oder noch seltener nach einer Masern-Impfung auftreten kann."

Der Dermatologe ist vehement dafür, dass alle Verdachtsfälle aufgeklärt werden: "Jeder Todesfall muss überprüft werden. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass das etwas mit der Impfung zu tun hat. Es ist traurig, aber auch junge Mädchen, die nicht geimpft worden sind, können sterben. Das ist einfach ein Faktum."

Unverständlich ist für Kirnbauer schließlich auch, wie man vom Gesundheitsministerium aus auch Informationen verbreite, wonach die HPV-Impfung an sehr jungen Menschen nicht erprobt worden sei: "Die Vakzine ist auch an sehr jungen Mädchen getestet worden. Nur, die Wirksamkeit kann man an ihnen nicht beweisen, weil junge Mädchen keinen Sexualverkehr haben." Die HP-Viren werden über Sexualkontakte übertragen. Deshalb wurden alle Wirksamkeitsstudien zur Verhütung von Gebärmutterhalskrebs bzw. dessen Vorstufen eben mit 16-jährigen Frauen durchgeführt. Laut Kirnbauer haben Jüngere sogar noch eine bessere Immunantwort auf die HPV-Impfung als Erwachsene.

Drei Todesfälle in den USA

Bis zum Sommer 2007 waren in den USA nach fünf Millionen verimpfter Dosen der HPV-Vakzine 1.637 Meldungen über mögliche Nebenwirkungen registriert worden. Darunter befanden sich auch drei Todesfälle. Zwei davon entfielen auf Gefäßverschlüsse bei Mädchen, welche die "Pille" eingenommen hatten, ein dritter auf eine Frau mit einer Herzmuskelentzündung, welche die Betroffene schon vor der Immunisierung gehabt hatte. (APA)