Gar nicht engelsgleich, sondern schwer an einem Seil hängend wird eine von Otto Wagners Kupferfiguren mithilfe eines Kranes gen Erdboden gehievt. Den neuen Blattgoldanstrich erhält der Engel in einer Regensburger Spezialfirma.

Foto: Standard/Cremer

Wien/Regensburg - Vier betende Engel schwebten zu Boden. Und zwei Heilige: Severin und Leopold, Schutzpatrone der Wiener. Eine gern gepflegte Illusion, wahr wurde sie trotzdem: Mit Vorsicht und mithilfe eines Krans wurden die sechs Figuren dieser Tage von den Gesimsen der Otto-Wagner-Kirche am Steinhof gehievt, damit sie restauriert werden können.

Seit kurzem leuchtet das bereits renovierte, mit hauchdünnem Blattgold überzogene Kuppeldach von der Baumgartner Höhe wieder. Für ähnlichen Glanz der Heiligenfiguren will Maximilian Heimler von der Werkstatt "Haber & Brandner" im deutschen Regensburg sorgen. Sie sollen ebenfalls - getreu des Originalstils - mit hauchdünnem Gold überzogen werden.

Davor ist allerdings viel Handarbeit nötig. Mit Bürsten und feinen Skalpellen werden die Figuren von Schmutz befreit. Dabei darf die natürlich entstandene hellgrüne Patina nicht zerstört werden. Sie ist Folge eines Verwitterungsprozesses, schützt gleichzeitig die Oberfläche der Kupferstatuen, erzählt Heimler vom Handwerk.

Teile der Engel und Heiligen müssten rekonstruiert werden, weil sie stark korrodiert seien. "Vor allem die Sockel sind stark verrostet." Kunsthistoriker Heimler verhehlt nicht, dass der Auftrag für die Otto-Wagner-Kirche ein Renommierprojekt für die Regensburger Werkstatt ist.

Nächste Messe 2006

Mit dem Abbau der sechs Figuren wird die nächste Renovierungsphase für die Jugendstilkirche eingeläutet. Heuer und im kommenden Jahr wird auch die aufwändige Konstruktion der Marmorfassade abgenommen. "Im April werden die von Kolo Moser gestalteten Fenster ausgebaut", erzählt Projektleiter Paul Johannes Keiblinger. Er ist als Finanzchef im Otto-Wagner-Spital ist für die Renovierung um 11,3 Millionen Euro verantwortlich.

Keiblinger verbindet mit seiner Arbeit auch eine große private Leidenschaft: Seit 25 Jahren leitet er Führungen durch die Kirche am Steinhof. Für ihre Wiedereröffnung 2006 plant er eine große Messe. (aw, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 3.2.2003)