Am Podium der internationalen Pressekonferenz: Eleanor Taylor-Nicholson, Dr Renu Rajbahandari, Evelyn Probst, Dr Helga Konrad (v. links n. rechts)
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Wien – Anlässlich des Beginns der Kampagne der "Global Alliance Against Traffic in Women" (GAATW) riefen Organisationen, die gegen Menschenhandel tätig sind, alle Regierungen auf, die Menschenrechte von Betroffenen des Menschenhandels anzuerkennen und ihr Recht auf Schutz und Unterstützung zu garantieren.

"Recognise Rights"

Die Kampagne, die unter dem Titel "Recognise Rights" im Vorfeld des "Vienna Forums to Fight Human Trafficking" lanciert wurde, will vermitteln, dass der Menschenrechtsschutz durch Gesetzgebungen zu Gunsten von rigiden Gesetzen zu kurz kommt. Das Resultat sei ein
Scheitern im Umgang mit dem Problem: "In Anbetracht der Tatsache, dass das Phänomen des Menschenhandels nicht neu ist und in den letzten Jahren konstant angestiegen ist, müssen wir zugeben, dass die traditionellen Kontroll-, Abschreckungs- und sofortigen Repatriierungsmechanismen versagt haben", erklärte Helga Konrad, ehemalige OSZE-Sonderbeauftragte gegen Menschenhandel.

Zeugenaussage als Bedingung für Hilfe

"Die Tatsache, dass die Konzentration auf der Verhaftung und strafrechtlichen Verfolgung
von Menschenhändlern liegt", so GAATW Sprecherin Eleanor Taylor-Nicholson, "geht auf Kosten derjenigen, die unter diesen kriminellen Tätigkeiten leiden". Tailor-Nicholson machte insbesondere auf die übliche Praxis aufmerksam, wonach eine Zeugenaussage
Bedingung für den Zugang zur Unterstützung für Betroffene des Menschenhandels ist."Es ist eindeutig eine Menschenrechtsverletzung Menschen, die schwerwiegenden Missbrauch erlebt haben, die Unterstützung zu verweigern, weil sie aus Angst nicht gegen die Menschenhändler aussagen wollen oder aber weil sie nicht über genügend Informationen verfügen, die für die Polizei von Interesse wären. Diese Praxis ist zudem kontraproduktiv."

Tailor-Nicholson berief sich auf die aktuelle wissenschaftliche Studie von GAATW mit dem Titel "Collateral Damage: The Impact of Anti-Trafficking Measures Around the World",
aus der hervorgehe, dass eine solche Politik potentiellen Betroffenen des Menschenhandels
so starke Angst einflöst, dass sie sich den Behörden gegenüber nicht zu erkennen geben. In der Studie wird die Notwendigkeit des Zugangs zu fairen Verfahren und zur Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels betont und weiters sollten in den
Zielländern mehr Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden, sodass sichere Migration
gewährleistet werden kann.

Recht auf Entwicklung in Herkunftsländern

Renu Rajbandhari, Vorsitzende des "Women's Rehabilitation Centre in Nepal" erklärte: "Die
meisten Betroffenen des Menschenhandels waren ursprünglich MigrantInnen, die ins Ausland
migrierten, um zu überleben oder ein Mindesteinkommen zu verdienen, das ihre
Lebenssituation verbessern sollte. Ihnen wurden reale Arbeitsmöglichkeiten versprochen,
aber sie fanden sich in Arbeitssituationen extremer Ausbeutung wieder. Menschenhandel
kann demnach nicht eingedämmt werden, ohne dass das Recht auf Entwicklung in den
Herkuntsländern berücksichtigt wird, sowie in den Zielländern das Recht aller Menschen,
MigrantInnen miteingeschlossen, auf grundelegende Arbeitsrechte.

Konzentration auf Sex-Industrie

"Dies geschieht in allen Sektoren", so Nivedita Prasad von Ban Ying in Deutschland. "Die
Behörden konzentrieren sich nach wie vor auf die Sexindustrie, aber es gibt auch Männer
und Frauen, die unter Bedingungen, die der Sklaverei ähneln, in Fabriken, auf Baustellen,
als Hausangestellte und in vielen anderen Bereichen arbeiten. Doch sie bekommen keinen
angemessenen Zugang zu Unterstützungsmöglichkeiten, weil niemand nach ihnen sucht".
"Wir sollten uns darauf konzentrieren, menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle
sicherzustellen, damit Ausbeutung von MigrantInnen nicht toleriert wird", heißt es abschließend. (red)