Martin Margulies

Foto: Grüne

Jeder Tag, an dem sondiert wird, sei ein verlorener Tag, meint der Wiener Gemeinderat der Grünen, Martin Margulies. Sinnvoller wäre es, Oppositionspolitik zu machen. Mit ihm sprach Peter Mayr.

STANDARD: Was ist schlimm daran, wenn die Grünen in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP gehen?

Margulies: Mit dieser ÖVP gibt es letztendlich aus gesellschaftspolitischen Wertvorstellungen und aus Sachpolitik keine Übereinstimmung. Wir haben ein hohes Gut - das ist unsere Glaubwürdigkeit. Und die steht auf dem Spiel. Es wäre sinnvoller, verstärkt Opposition gegen den Kurs, den Schüssel gefahren ist, zu machen. Da ist jeder Tag, an dem sondiert wird, ein verlorener.

STANDARD: Ist das eine grüne Einzelmeinung?

Margulies: Es gibt in den Ländern sehr viele Leute, die von den Gesprächen mit der Volkspartei nichts halten.

STANDARD: Sie bezweifeln also, dass der Bundeskongress einer Regierungsbeteiligung der Grünen zustimmen wird?

Margulies: Bei der ÖVP ist, soweit ich höre, bei grünen Anliegen kaum Bewegung. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass es eine Zustimmung gibt.

STANDARD: Wer regiert, kann aber den Kurs mitbestimmen.

Margulies: Kurzfristig stimmt das vielleicht. Aber genau jene, die heute sagen, dass die Grünen etwas verändern sollen, werden später kritisieren, dass grüne Inhalte über Bord geworfen wurden.

STANDARD: Könnte es die Grünen dann zerreißen?

Margulies: Nein, die Grünen haben schon ganz andere Krisen überstanden.

STANDARD: Sie sehen jetzt schon eine Krise?

Margulies: Sagen wir so: Es könnte eine schwierige Situation werden, insbesondere, wenn durch eine Regierungsbeteiligung eine Neupositionierung der Partei erfolgt.

STANDARD: Für den Fall der Fälle drohen Sie mit innerparteilicher Opposition.

Margulies: Geschehen Dinge, die nicht in Ordnung sind, werde ich Oppositionspolitik machen. Da ist es mir dann egal, ob die Grünen in der Regierung sitzen - also keine Rücksichtnahme. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.2.2003)