Wenig überraschend sind die "harten Fächer" wie etwa die Chirurgie auf Professorenebene nach wie vor eine Männerdomäne, dagegen würden Fächer wie Psychiatrie Frauen eher die Möglichkeiten bieten, ProfessorInnenstellen zu besetzen, erklärt Gutierrez-Lobos.
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Wien - "Es gibt noch keine Göttinnen in Weiß", zieht die Vizerektorin für Personalentwicklung und Frauenförderung der Medizinischen Universität Wien (MUW), Karin Gutierrez-Lobos, anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März Bilanz. Im Allgemeinen müssten hierzulande Frauen in der Wissenschaft dreimal so gut sein wie Männer, um die gleiche Top-Position zu erreichen. "In der Medizin ist alles noch enger", so die Psychiaterin, die am Freitag ein Symposium zum Thema "Science goes gender" an der MUW organisiert.

"Gläserne Decke" unterschiedlich dick

Österreich lag zuletzt beim europaweiten Vergleich der Stärke der "Gläsernen Decken", auf die Frauen im Laufe ihrer akademischen Karriere treffen, mit einem Index von 2,7 deutlich hinter dem EU25-Schnitt von 2,1. Der von der Europäischen Kommission 2006 veröffentlichte "Glass Ceiling Index" (SHE Figures) misst den Anteil von Professorinnen an Frauen in akademischen Positionen. Je höher der Index, desto dicker ist die "Gläserne Decke" und desto schwieriger ist es für Frauen, in Top-Positionen zu gelangen. Neuere Zahlen sind erst 2009 angekündigt.

An der MUW nahm zwar der Professorinnenanteil in den letzten Jahren kontinuierlich zu, laut Gutierrez-Lobos "aber zäh". Waren es im Jahr 2004 neun Professorinnen gegenüber 108 Professoren, so sind es derzeit 15 Frauen gegenüber 100 männlichen Kollegen. Die "Gläserne Decke" sei einer Uni-Erhebung zufolge in den technologieträchtigen Fächer mit hohem Renommee "und dort, wo viel Geld zu machen ist" am höchsten. Wenig überraschend sind die "harten Fächer" wie etwa die Chirurgie auf Professorenebene nach wie vor eine Männerdomäne, dagegen würden Fächer wie Psychiatrie Frauen eher die Möglichkeiten bieten, ProfessorInnenstellen zu besetzen.

Frauen an die Spitze, um Vorbilder zu schaffen

Dabei mangelt es für die seit 1. Oktober amtierende Vizerektorin nicht an Nachwuchs: Der Anteil der Studentinnen bei den insgesamt rund 8.000 Studenten an der MUW liegt bei 56 Prozent. Es gebe zudem auch mehr weibliche Absolventinnen im Medizinstudium. Noch, denn in den vergangenen Jahren haben Frauen beim Eignungstest für das Medizin-Studium (EMS) deutlich schlechter abgeschnitten als Männer. Gutierrez-Lobos möchte das nicht näher kommentieren, solange noch nicht das Endergebnis einer vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie auf dem Tisch liegt. Eines sei auch ohne Studie sicher: "Man muss sehr viel früher - nämlich in der Schulbildung - ansetzen."

Doch daneben braucht es für die Psychiaterin auch Veränderungen an der Spitze, um Vorbilder zu schaffen. Hier war allerdings die jüngste Wahl der Uni-Räte durch die Senate mit einem Frauenanteil von nur rund einem Viertel ein schlechtes Beispiel. "Ein wichtiger Punkt, der nicht nur die MUW betrifft, ist, dass die Organisation von Universitäten nach klassischen männlichen Prinzipien abläuft", so Gutierrez-Lobos. Für Frauen sei es sehr schwierig, sich den "informellen Spielregeln" zu unterwerfen. Daher müsse man aktiv nachfragen: Was brauchen Frauen, um kreativ zu sein und sich entfalten zu können?

Weiterentwicklung der Gleichstellungsbemühungen

Dem will die Vize-Rektorin künftig auch sehr intensiv nachgehen. So plant die Wissenschafterin eine MitarbeiterInnenbefragung, "um geschlechtsspezifische Aspekte herauszufiltern". Zudem soll den Abteilungen und Instituten künftig auch regelmäßig Feedback gegeben werden, wie sie sich punkto Geschlechtergleichstellung entwickeln - "auch wenn man sich damit sicherlich keine Freunde macht."

Quotenregelungen und strenge Gleichbehandlungsgesetze, wie sie etwa auch in den USA den Weg für Frauen in Top-Positionen ebneten, sieht Gutierrez-Lobos zudem als wichtige Punkte. Als eine weitere konkrete Maßnahme präsentiert die MUW-Chefin für Frauenförderung schon bald eine "Wissenschafterinnen-Plattform" als Chance für Medizinerinnen, sich auszutauschen und zu vernetzen und mit Entscheidungsträgerinnen und -trägern zu sprechen. Den Auftakt macht eine Veranstaltung am 31. März.

Diagnose: Langsamer Prozess

Gutierrez-Lobos selbst ist die einzige Frau im fünfköpfigen Rektorat der MUW. Wann wird die erste Rektorin ins Haus kommen? "Ich hoffe bald - wir arbeiten schwer daran." Denn moderne Unis bräuchten gelebte Chancengleichheit, nicht zuletzt als Zeichen der Qualitätsoffensive - "besonders auf der Medizin-Uni, die noch immer stärker als manch andere Universität in männlicher Hand ist." Doch der Prozess sei noch langwierig. (APA)