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Bundeskanzler Wolfgang Schüssel empfängt am Freitag den kroatischen Ministerpraesidenten Ivica Racan zu einem Arbeitsbesuch im Bundeskanzleramt.

apa/gindl

Wien - Kroatien möchte der EU individuell und nicht im Rahmen eines "Westbalkan-Pakets" beitreten. Diesen Ansatz bekräftigte Ministerpräsident Ivica Racan während eines Wien-Besuchs in einem APA-Gespräch. "Jedes Land muss den EU-Beitritt sozusagen verdienen. Und zwar gemessen an dem, was es bisher geleistet hat", sagte Racan. Kroatien will das Ansuchen um einen EU-Beitritt am 21. Februar im Rahmen einer Visite bei der EU-Präsidentschaft Griechenland in Athen abgeben.

Nach Meinung und Bewertung vieler Länder habe Kroatien bisher Ergebnisse erzielt, "die dem Niveau der derzeitigen Beitrittskandidaten entsprechen", betonte der Sozialdemokrat (SDP), der einer Fünf-Parteienkoalition vorsteht. Deswegen sei die Ambition, gemeinsam mit Bulgarien und Rumänien im Jahr 2007 in die EU zu kommen, "ganz realistisch". Er habe erst unlängst mit dem rumänischen Premierminister Adrian Nastase darüber gesprochen. "Er hat Verständnis für diese Bestrebung Kroatiens gezeigt."

Zusammenarbeit

Dennoch werde Kroatien die regionale Zusammenarbeit mit anderen Ländern Ex-Jugoslawiens nicht vernachlässigen. "Wir sind der Meinung, Kroatien auch diese Kooperation braucht und wir möchten zur Stabilität der Region beitragen", stellte Racan fest, der am Freitag im Rahmen einer EU-Offensive seines Landes in Wien mit Bundespräsident Thomas Klestil und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zusammengetroffen war.

Natürlich müsse auch Kroatien seine Verpflichtungen gegenüber der EU erfüllen. "Als Ministerpräsident beharre ich darauf". Laut einem Bericht des Ministeriums für die Europäische Integration hat Kroatien bereits fast 60 Prozent der im Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen (SAA) vorgesehenen Maßnahmen erfüllt. Wichtige Fragen, die vor einem möglichen EU-Beitritt erledigt werden müssen, sind Reformen in den Bereichen der Legislative, der Minderheitenfrage oder der Flüchtlingsrückkehr. Probleme gab es zuletzt bei der Kooperation mit dem UNO-Tribunal in Den Haag.

"Beitrittsverhandlungen aufnehmen"

Andererseits sei es auch sehr wichtig, dass die wegen der Irak-Krise bestehende Spaltung in der EU nicht vertieft werde, sagte Racan: "Dies darf sich auf keinen Fall auf den Integrationsprozess in Europa auswirken." Kroatien werde jedenfalls auch nach dem 21.

Februar versuchen, weiter "Lobbying" für seine EU-Ambitionen zu betreiben. "Es liegt in unserem Interesse, dass die Beitrittsverhandlungen so schnell wie möglich aufgenommen werden." Beim Besuch in Wien gab es diesbezüglich keine Überzeugungsarbeit mehr zu leisten. "Wir haben bereits gewusst, dass wir die Unterstützung Österreich genießen."

"Stabilstes Land der Region"

Kroatien sei sowohl politisch als auch wirtschaftlich "auf jeden Fall das stabilste Land in der Region", unterstrich Racan. Diskussionen über "Regierungskrisen" könnten daran nicht rütteln. "Es hat sich gezeigt, dass alle Einschätzungen, die aus gewissen Unterschieden in der Koalition eine Krise gemacht haben, falsch waren. Eine Koalition ist nie eine einfache Angelegenheit.

Das gilt für jedes Land in Europa. Üblicherweise hält eine Koalition im Schnitt 1,7 Jahre. Damit haben wir bereits zwei dieser üblichen Laufzeiten überstanden. Und diese Regierung hat auch gute Ergebnisse bei Reformen und makroökonomischen Kennzahlen erzielt."

Die Koalitionsregierung unter der Führung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten war Anfang des Jahres 2000 als Gegenpol zur damals alles dominierenden HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) von Staatspräsident Franjo Tudjman an die Macht gekommen. Ursprünglich bestand sie aus sechs Parteien. Neben der SDP und den Sozialliberalen (HSLS) gehörten ihr auch die Bauernpartei (HSS), die Liberalen (LS), die Volkspartei (HNS) und die Istrische Demokratische Versammlung (IDS) an.

Die IDS brach bereits im Jahr 2001 wegen eines Streits über den Status von Italienisch als Amtssprache in Istrien aus der Koalition weg, im Jahr 2002 sorgte ein Konflikt über die Kooperation mit dem UNO-Tribunal für das Ausscheiden der HSLS unter Drazen Budisa aus der Regierung. Die HSLS spaltete sich. Ein Teil gründete die Fraktion Libra, die mit Goran Granic sogar einen Vizepremier stellt. Zuletzt stand die Regierung wegen eines Streits zwischen SDP und Bauernpartei laut Medienberichten knapp vor dem Aus. (APA)