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Arbeit kann auch krankmachen, die Zufriedenheit spielt dabei eine Rolle

Foto: AP/Christof Stache

"In der Arbeit, in der Arbeit, muaß ma ollas geben", übersetzt Kurt Ostbahn jene Bruce-Springsteen-Ballade auf den Fabriksarbeiter-Vater, den seine Arbeit vor der Zeit kaputtmacht. Im Unterschied dazu haben höher Gebildete bessere Aussichten, wenn sie hart arbeiten.

In unserem Sample verdient das obere Viertel mit 57 Stunden Wochenarbeitszeit um 20 Prozent mehr als das Mittelfeld mit 45 Stunden und mehr als das Doppelte des unteren Viertels mit 35 Stunden. Erfolgreiche legen kaum Wert auf Freizeit. Sie orientieren sich in ihrer Arbeitseinstellung definitiv nicht an jenen Radiomoderatoren, die jeden Montag Depression, Mittwoch leise Vorfreude und Freitag Euphorie verbreiten, womit sie uns eindringlich mitteilen, dass Arbeit Mühsal ist und wir nur für das Wochenende leben.

Männer häufiger unzufrieden

Wie in der Erwerbsarbeit insgesamt arbeiten Männer auch in unserem Sample mehr als Frauen (die gesamtgesellschaftlich mehr Familienarbeit leisten und damit den Rückstand überkompensieren): Die durchschnitt_liche Wochenarbeitszeit der männlichen Absolventen beträgt 47, jene der Frauen 43 Stunden. Unter den Vielarbeitern, also den erwähnten 25 Prozent mit einer Arbeitszeit von über 57 Stunden, befinden sich 70 Prozent Männer und nur 30 Prozent Frauen. Dennoch ist es falsch, die Benachteiligung von Frauen bei Einkommen und hierarchischem Aufstieg auf dieses Faktum zurückzuführen. Berechnet man einen fiktiven Stundenlohn, so liegt der der Männer um 19 Prozent über dem der Frauen. Männer sind jedoch trotz objektiven Erfolges häufiger unzufrieden mit Beruf und Karriere.

Das kann krankmachen. Nur ein Teil der Differenz in der Lebenserwartung kann auf genetische Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden. So konnte man jüngst in der Zeit über die sozialen Faktoren lesen, die diesen Unterschied zulasten der Männer verstärken: Kriminalitätsrate, Drogenkonsum, Ernährungs- und Vorsorgeverhalten, aber auch Männerjobs und -karrieren.

Kein Job mehr - kein Leben mehr

Die Differenz in der Lebenserwartung zeigt im internationalen Vergleich auffällige Parallelen mit der Gleichberechtigung von Frauen im Beruf und öffentlichem Leben. Frauen leben in Russland 13 Jahre länger als Männer, in Österreich und Deutschland sechs Jahre, in Schweden hingegen nur vier Jahre. Das Verdrängen der Frauen an den Rand des Arbeitsmarktes bezahlen Männer mit ihrer Lebenszeit.Besonders kritisch ist für Männer die Nachkarrierephase. Die Vorstellung, den Ruhestand genießen zu können, ist eine der gefährlichsten Illusionen. Männer, die bis zum Anschlag arbeiten und sich nie um alternative Lebensmittelpunkte bemüht haben, verlieren mit dem Ruhestand ihre soziale Einbettung und ihren Lebenssinn. Kein Job mehr, kein Leben mehr - im Alter ist die Suizidrate von Männern dreimal so hoch wie jene von Frauen. (Michael Meyer*, DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.7.2008)