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Der Grawa-Wasserfall im Stubaital:Über Österreichs Wasser kann weiterhin nur die Regierung verfügen.

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Zu den offenbar unsterblichen Mythen rund um den Reformvertrag zählt, dass die EU künftig über die Wasserressourcen der Mitgliedstaaten verfügen könne.

Dabei werden zwei Varianten ins Spiel gebracht: Österreich müsse seine Wasserquellen privatisieren, und die EU könne in einer Art Zwangsverwaltung Wasser aus den Alpen zum Beispiel nach Spanien oder Griechenland umleiten.

Beides ist schlicht falsch. Die Fakten: Die meisten Flüsse und Seen in Österreich wie Wörthersee oder Attersee gehören - oft über die Bundesforste - der Republik. Allerdings gibt es auch private Grundbesitzer, die über Wasserrechte verfügen.

Ein gutes Beispiel ist hier der Mondsee in Oberösterreich. Hier versuchen die Bundesforste, den rund 14 Quadratkilometer großen See von einer privaten Eignerin zu erwerben. In Österreich sind rund sieben Prozent der Wasserversorgung in privater Hand.

Eigentümer von Wasserrechten können prinzipiell an jeden Interessenten Verkaufen, benötigen aber eine Verkaufserlaubnis des Landwirtschaftsministeriums. Daran ändert auch der Vertrag von Lissabon nichts. Und ein prinzipieller Zwang zur Privatisierung geht - weder beim Wasser noch sonst in einer Branche - aus keiner einzigen EU-Bestimmung hervor. Ebenso wenig können EU-Ministerräte oder die Kommission über die österreichischen Wasserquellen bestimmen. Eingreifen kann die EU nur in qualitativen Fragen: Wenn Österreich die Donau so verschmutzen würde, dass es für die nachfolgenden Anrainerstaaten unzumutbar wäre oder Badeseen zum Gesundheitsrisiko würden. Dann könnte letztlich der EuGH die Sanierung anordnen.

Bei der wichtigen "mengenmäßigen Bewirtschaftung" der Wasserquellen, also der Frage, wohin das Wasser gehen soll, macht der Reformvertrag zwar Mehrheitsentscheidungen möglich, allerdings muss dieses Prozedere zuerst einstimmig beschlossen werden. Österreich hat damit wie auch schon jetzt ein Vetorecht gegen entsprechende Versuche, sollte es sie je geben. Morgen: Die Schengen-Bilanz und die angebliche "Erlaubnis, Demonstranten zu töten". (Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 21.7.2008)