Todesstürze in der alpinen Welt hat es schon immer gegeben. Dass jemand seine Kräfte überschätzt oder leichtsinnig leicht bekleidet von eisiger Kälte überrascht wird, auch. Und selbst Geiselnahmen sind nichts Neues. Doch die geballte Ladung der jüngsten Schlagzeilen aus der alpinen Welt wirft wieder einmal Fragen nach der Verantwortung auf.

Die einfachste Antwort lautet: Wer sich so exponiert, ist selber schuld, wenn etwas passiert. Doch ein derartiges Pauschalurteil zeugt auch von fehlender Solidarität. Dass jemand, der auf einen Berg steigt, einkalkulieren muss, dass er entführt wird, das klingt verdächtig nach Versicherungs-Sprech, um etwaige Ansprüche schon im Vorhinein abzuwehren. Natürlich muss jeder die Verantwortung für sich selbst übernehmen. Aber a priori jeden Anflug von möglicher Unterstützung in Notfällen auszuschalten ist eigentlich eine Schande.

Für die zweiteinfachste Antwort wird gerne Erich Kästner zitiert: "Seien wir ehrlich, das Leben ist immer lebensgefährlich." Oder anderes ausgedrückt: Daheim kann dir auch der Dachziegel auf den Kopf fallen. Aber auch dieses "Killer"-Argument ist im Grunde zu simpel und verführt höchstens zu leichtsinnigen Aktionen. Selbstüberschätzung, fehlende Erfahrung und mangelhafte Ausrüstung waren die Hauptgründe für die 1400 tödlichen Alpinunfälle, die es seit dem Jahr 2000 in Österreich gegeben hat.
Die beste, wenn auch mühsamste Strategie ist immer noch, jeden Notfall individuell zu behandeln. Im Stich darf niemand gelassen werden. (Michael Simoner/DER STANDARD Printausgabe 21.7.2008)